Anspruchsdenker des Tages: Andrij Melnyk
Von Reinhard LauterbachIn Polen haben Umfrageinstitute herausgefunden, dass die Geflohenen aus der Ukraine den Einheimischen allmählich auf die Nerven gehen. Unter den Gründen werden genannt: »Anspruchsdenken« und »teure Autos«. Beides gehört zusammen: Wer sich ein teures Auto leisten kann, gehört tendentiell zu der Klasse, die gewohnt ist, Ansprüche zu stellen. Eine Nationaleigenschaft der Ukrainer lässt sich aus diesem »Anspruchsdenken« nicht zwangsläufig ableiten.
Oder vielleicht doch? Kurz vor dem Jahresende hat sich der notorische Andrij Melnyk wieder zu Wort gemeldet und dem mutmaßlich nächsten Bundeskanzler Friedrich Merz einen Wunschzettel diktiert: Er möge in seinem Koalitionsvertrag bitte festschreiben, dass Deutschland der Ukraine jährlich bescheidene 20 Milliarden Euro an Militärhilfe zur Verfügung stelle. Über die Legislaturperiode also insgesamt 80 Milliarden. Das sei, so Melnyk, auch eine Investition in die Sicherheit Deutschlands, denn sonst werde »Putin« als nächstes die BRD überrennen.
Melnyk hatte noch mehr Ansprüche an die nächste Bundesregierung: Sie möge bitte nicht die SPD umfassen, weil diese die geforderte Militärhilfe wahrscheinlich torpedieren werde. Im Interesse der Ukraine seien die Grünen der beste Koalitionspartner für Merz, so Melnyk. Dass Merz das eher nicht und die CSU es überhaupt nicht so sieht, übergeht der Mann aus Kiew souverän. Ebenso die Tatsache, dass er seit 2022 nicht mehr Botschafter in Berlin ist und sein diplomatisches Talent auf seinem nächsten Posten in Brasilien nicht bewirkt hat, dass dessen Regierung sich auf die Seite der Ukraine gestellt hätte. Melnyks nächster Karriereschritt wird der Job des UNO-Botschafters der Ukraine sein. Da kann er versuchen, den Plenarsaal für den nächsten Auftritt von Wolodimir Selenskij zu füllen. Zuletzt war er ziemlich leer.
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