Enge Kiste
Von Ken MertenDas Rennen um den deutschen Meistertitel im Herrenhandball bleibt spannend. Die MT Melsungen geht zum Ende der Hinrunde mit nur vier Minuspunkten voran. Die Nordhessen dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf die erste Meisterschaft in ihrer Vereinsgeschichte machen, auch wenn das Verfolgerfeld groß und stark ist. Mit den Füchsen aus Berlin, dem THW Kiel, Hannover-Burgdorf, Flensburg-Handewitt und dem SC Magdeburg schielen noch fünf weitere Teams auf den ersten Rang. Durch drei Niederlagen und ein Unentschieden haben die Titelverteidiger aus Magdeburg zwar die zweitwenigsten Minuspunkte, liegen derzeit aber nur auf Rang sechs. Grund: Das Team von Trainer Bennet Wiegert hat drei Spiele nachzuholen, resultierend aus einer Verschiebung durch die Teilnahme an der IHF Men’s Club World Championship und in Folge zweier Spielabsagen wegen des Attentats auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt.
So traurig der Anlass auch ist, eine verlängerte Winterpause – auch wenn ab Mitte Januar bereits durch die Weltmeisterschaft beendet – kommt dem von Verletzungen und hoher Termindichte gebeutelten Klub gelegen. In dieser Spielzeit stottert die auf physisch forderndes Eins gegen Eins ausgerichtete Offensivmaschine von der Elbe. In der Champions-League-Hauptrunde konnte man zwar als bislang einzige Mannschaft daheim den übermächtigen FC Barcelona schlagen, mit nur drei Siegen in zehn Spielen liegt man jedoch nur auf Platz sechs, ein Punkt vor Kolstad auf dem vorletzten und damit ersten Rang, der das Aus vor Erreichen der K.-o.-Phase bedeuten würde. Im DHB-Pokal musste Magdeburg schon die Segel streichen. Mitte November war nach einer knappen Auswärtsniederlage in Kiel (28:29; 14:14) im Achtelfinale Schluss. Noch in der Vorsaison hatte sich Magdeburg den Pott geholt, im Finale damals mit einer Demontage der Melsunger (30:19; 13:11).
Die Verhältnisse aber sind gekippt. Nur drei Tage nach der Magdeburger Pokalniederlage setzte es in Kassel eine weitere Schlappe. Beim 31:23 (15:12) glänzte vor allem Melsungens Schlussmann Nebojša Simić. Der 31jährige Montenegriner hielt 19 Würfe und ist allgemein in fabelhafter Verfassung. Einen Tag vor Weihnachten distanzierte das Team des spanischen Coachs Roberto García Parrondo auch noch die TSV Hannover-Burgdorf. Nach 60 Minuten hieß es 31:23 (16:11).
Vier Tage später revanchierten sich Renārs Uščins und Co. vor großer Kulisse in Leipzig (damit 6.515 Zuschauerinnen und Zuschauer Platz fanden, wurde für das letzte Spiel des Jahres sogar die Platte verschoben). Die Niedersachsen begannen zwar besser als der SC DHfK, der Europapokalsieger der Landesmeister von 1966 kämpfte sich jedoch zurück in die Partie, ging Mitte der ersten Halbzeit in Führung und stellte zur Pause auf 18:15. Vor allem mit der offensiven Fünf-zu-eins-Deckung der Sachsen tat sich Hannover schwer. Außerdem steuerte Leipzigs Keeper Kristian Skinstad Sæverås neun Paraden im ersten Durchgang bei. Daran konnte er nach Wiederanpfiff allerdings nicht anknüpfen: Hannover gelang mit einem Drei-Tore-Lauf der Ausgleich, das Spiel kippte. In der 57. Minute war für Simon Ernst vorzeitig Schluss: Er traf den Hannoveraner Halblinken Uladsislau Kulesch im Gesicht und sah dafür Rot. Leipzig ging damit nicht nur der Abwehrchef für die letzten Minuten verloren, Ernst hatte auch über weite Strecken des Spiels in der ersatzgeschwächten Offensive ausgeholfen. Linksaußen Lukas Binder verwarf in der vorletzten Minute einen Siebenmeter – erst der zweite in dieser Saison, den er nicht versenkte – und scheiterte auch in der Schlussminute frei aufs Tor zulaufend am Hannoveraner Keeper Simon Gade. Am Ende hieß es 30:32, bereits die zehnte Leipziger Niederlage in der laufenden Saison.
Als Zwölfte hinken Rúnar Sigtryggsson und seine Spieler den Erwartungen hinterher. Wie bereits in den vergangenen Jahren veranschlagt, soll es ein einstelliger Tabellenplatz sein – Europapokal wäre noch schöner. Dafür müsste man allerdings Platz sechs erreichen. Zwar ist der SC DHfK mit 14 Zählern weit davon entfernt, in den Abstiegskampf gezogen zu werden, allerdings steht der Verein vor großen personellen Umbrüchen und muss zeigen, wo es in den kommenden Spielzeiten hingehen soll. Spielmacher und DHB-Nationalspieler Luca Witzke wird den Verein zum Saisonende in Richtung Flensburg verlassen. Auch Sæverås wird gehen – wohin es den norwegischen Nationaltorwart zieht, ist noch nicht bekannt. Für ihn kommt der 35jährige Tscheche Tomáš Mrkva vom THW Kiel. In den letzten Spielen schon abwesend und ab 1. Januar dann beim HC Erlangen angestellt, ist der Isländer Viggó Kristjánsson. Die Vereine tauschen je ihren rechten Rückraum: Für Kristjánsson kommt der deutsche U-21-Weltmeister von 2023, Stephan Seitz, in die Messestadt.
Sportlich zwar erfolgreicher, dafür aber personalpolitisch turbulent geht es beim Tabellenachten ThSV Eisenach zu. Dort hatte der Verein Mitte Dezember mitgeteilt, dass Trainer Misha Kaufmann um Auflösung seines Vertrags zum Saisonende gebeten hat. Die Mitteilung suggerierte, der Schweizer habe sich für einen anderen Verein entschieden; dem widersprach Kaufmanns Berater Ates Oelke kurz darauf. Am 27. Dezember kommentierte Kaufmann die unklaren Zukunftsaussichten gegenüber handball-world.news: »Der Stand ist so, dass wir uns jetzt in den nächsten paar Tagen zusammensetzen«, so der 40jährige. »Ich denke, dass wir Anfang Januar dann endlich Klarheit schaffen können. Dann werden wir schauen, ob und wie es weitergeht.«
Klarheit herrscht wohl auch in Potsdam, dass es sportlich für die erste Liga aktuell nicht reicht: Der VfL, Kooperationspartner der Füchse Berlin, war erst im Sommer aufgestiegen, ist weiterhin punktloses Schlusslicht und verlor am Freitag gegen die direkte Konkurrenz um den Klassenerhalt in Stuttgart mit 24:29 (11:15).
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