Gesund und sexy
Von Helmut HögeEine US-Studie ermittelte: Wenn man gesund bleiben will, sollte man mindestens 18mal im Monat vögeln (»Sex haben«). Hierzulande veröffentlichte die AOK 2022 einen Artikel mit der Überschrift »Darum ist regelmäßiger Sex gesund« auf ihrer Website. Er mindert »Schlafstörungen, Stress, Schmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Prostatakrebs und steigert die Fruchtbarkeit«.
Das Magazin Focus versuchte dagegen nachzuweisen, dass Vögeln auch ungesund sein kann. Die Tantralehrerin Regina Heckert zählte in einem Artikel vom 24. Oktober zehn Situationen auf, »in denen Sex krank machen kann«: Machtkampf um Sex; Orgasmen vortäuschen, zuviel »schneller Sex« in Swingerclubs den Männern zuliebe lässt Frauen »schließlich jede sexuelle Aktivität verweigern«; Leistungsdruck im Bett; Männer, die nächtelang im Internet sexuelle Kicks suchen, lassen bei ihrer vernachlässigten Partnerin »Wut« aufkommen; heimlich außerhalb der Beziehung neue Lust suchen lässt Schuldgefühle aufkommen; sexuelle Gewalt; Reibungsschmerzen nach dem Sex lassen die Lust verschwinden.
Auf aerzteblatt.de wurde 2020 eine Umfragestudie »Gesundheit und Sexualität in Deutschland« veröffentlicht, in der es um »geschlechtsspezifische Effekte« geht. Danach sind dickleibige Frauen »sexuell weniger aktiv als normalgewichtige«. Und Frauen, die ziemlich viel Alkohol trinken und/oder rauchen, sind sexuell aktiver als abstinente Nichtraucherinnen. Auch attraktive Frauen und Männer seien sexuell aktiver sind als weniger attraktive. Dabei tut sich laut Susan Sontag ein Paradox auf: »Schön zu sein macht einen einzigartig, außergewöhnlich. Aber schön zu sein bedeutet auch, einer Norm oder Regel zu entsprechen.«
Weil »Schönsein« sich zunächst einmal auf einen visuellen Eindruck bezieht, muss man etwas für sein Äußeres tun. Der Philosoph und Publizist Peter Sloterdijk entdeckte »im Fitnessstudio ein Plakat mit einer auf dem Rücken liegenden Frau, die ›Fit mich!‹ ruft«. Er beobachtete auf dem Campus der Harvard-Universität: »Um halb sieben am Morgen ist das Fitnessstudio schon voll von Trainierenden, die sich selbst antreiben, wie Akteure, die noch Größeres vorhaben.« Die Jogger, Schwimmer und an Geräten Trainierenden sind laut Sloterdijk »Berufsevolutionäre«, denn sie gehen darwinistisch angeregt vom »Survival of the Fittest« aus, also dass nur der Fitteste im Geschlechter- und Daseinskampf überlebt, d. h. erfolgreich ist.
Der Sozialphilosoph Ulrich Sonnemann sprach von »Okulartyrannis« in einer Gesellschaft, die laut dem Filmemacher Harun Farocki »vollständig auf ihr Abbild hin organisiert ist«. Die »Baywatch«-Schauspielerin Pamela Anderson schreibt in ihrer Autobiographie: »Meine Brüste hatten eine fabelhafte Karriere, ich bin einfach immer nur mitgetrottet.«
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. (31. Dezember 2024 um 10:02 Uhr)Was hätten wir verpasst, wenn es diese genialen Betrachtungen zu einer genialen Studie nicht gegeben hätte? Wahrscheinlich nichts.
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