Reaktionäre Kontroversen
Von Philip TassevDie AfD will am 11. und 12. Januar ihren Bundesparteitag im sächsischen Riesa veranstalten. Die Mobilisierung zu antifaschistischen Gegenprotesten ist längst angelaufen. So ruft das bundesweite Bündnis »Widersetzen« für den frühen Samstag morgen zu Aktionen zivilen Ungehorsams vor der »WT Energiesysteme Arena«, in der der Parteitag stattfinden soll, auf. Erklärtes Ziel ist es, den Parteitag zu verhindern oder zumindest dessen Beginn zu verzögern. »Ich kann es nicht ertragen, dass es ein bundesweites Zusammenkommen dieser gefährlichen Partei in meiner Heimatregion geben soll. Die sächsische Polizei darf nicht eingesetzt werden, um dieses als Parteitag getarnte Treffen von Rechtsextremen durchzusetzen. Wenn die Politik versagt, uns vor dem Faschismus zu beschützen, dann ist ziviler Ungehorsam unser Recht und unsere Pflicht. Wir werden uns mit Tausenden in Riesa versammeln und den Parteitag der AfD mit unseren Körpern blockieren«, kündigte Bündnissprecherin Mascha Meier in einer aktuellen Mitteilung an. »Widersetzen« ist ein Aktionsbündnis nach dem Vorbild von »Dresden nazifrei« und umfasst lokale Initiativen aus Riesa und Umgebung, antifaschistische Gruppen, Gewerkschaften und Klimaschutzaktivisten.
Auf dem Parteitag soll, sofern er durchgeführt werden kann, das Wahlprogramm der AfD beschlossen werden. Dabei sind offenbar einige Kontroversen zu erwarten. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete, wurden nach einer Befragung der Parteibasis einige zentrale Stellen im Leitantrag geändert. Ursprünglich war etwa die Forderung nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht aus dem Wahlprogramm gestrichen worden. Zu offensichtlich war anscheinend der Widerspruch zum »Friedensimage«, mit dem die Partei vor allem in den östlichen Bundesländern zu punkten versucht. Die Mehrheit der AfD-Basis sieht das anders, weshalb die Programmkommission nun beantragt, die Wehrpflicht wieder ins Programm aufzunehmen. Ebenso fiel die Entscheidung der Basis für ein reaktionäreres Familienbild aus. Im Programmentwurf hieß es noch, dass die Familie »für Geborgenheit, Vertrauen, gegenseitige Fürsorge, Schutz und Rückhalt« steht. Gleich zwei Anträge fordern, dass eine Familie laut AfD-Programm nur aus »Vater, Mutter und Kindern« zu bestehen hat. Der zuständige Fachausschuss bezieht sich dabei ebenfalls auf das Ergebnis der Basisbefragung.
Dagegen verhält es sich beim Thema Abtreibung umgekehrt. Hier war der Programmentwurf deutlich reaktionärer, was nun mehrere Antragsteller ändern wollen, unter anderem mit der Begründung, dass Donald Trump in seinem Wahlkampf einen »großen politischen Erfolg damit erzielte, seine ablehnende Position zum Thema Abtreibung nicht mit unnötig scharfer Rhetorik aufzuladen, sondern klug und zurückhaltend zu formulieren«, wie das RND aus einem der Anträge zitierte.
Ein weiterer Streitpunkt könnte die Frage der Jugendorganisation werden. Der Parteivorstand hatte sich Anfang Dezember dafür ausgesprochen, die »Junge Alternative« umzustrukturieren und durch eine neue Organisation namens »Junge Patrioten« zu ersetzen. Der Name scheint jetzt offenbar vom Tisch und soll statt dessen »Patriotische Jugend« lauten. Hintergrund der geplanten Umstrukturierung ist die Bemühung, den Jugendverband enger an die Partei anzubinden, um so ein Verbot der Jugendorganisation zu erschweren. Wer Mitglied der neuen Organisation ist, soll zugleich ein Parteibuch haben, bzw. sollen alle AfD-Mitglieder bis zur Vollendung des 36. Lebensjahres automatisch auch Mitglied der Parteijugend sein.
Unterdessen wurde bekannt, dass es konkrete Planungen für ein Treffen von AfD-Kochefin Alice Weidel mit dem US-Milliardär Elon Musk gibt. »Über einen X-Space zwischen den beiden sind wir bereits im Austausch«, zitierte der Spiegel am Dienstag Weidels Sprecher Daniel Tapp. Ein »X-Space« ist eine Art Talkshow auf Musks Plattform X.
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