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Aus: Ausgabe vom 02.01.2025, Seite 7 / Ausland
Kroatien

Sozialdemokrat in Führung

Kroatien: Die Präsidentschaftswahlen gehen mit einem klaren Favoriten in die zweite Runde
Von Slavko Stilinović
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Absolute Mehrheit fast schon im ersten Anlauf geschafft: Kroatiens Präsident Zoran Milanović (Zagreb, 29.12.2024)

Vergangenen Sonntag hat in Kroatien die erste Runde der achten Präsidentschaftswahlen seit der Unabhängigkeit stattgefunden. Zur Stimmabgabe aufgerufen waren mehr als 3,5 Millionen Berechtigte. Die Beteiligung fiel mit 46 Prozent für kroatische Verhältnisse gut aus. Bei den EU-Wahlen voriges Jahr hatte sie nur bei 20 Prozent gelegen.

Genug Unterschriften für eine Teilnahme hatten drei Kandidatinnen und fünf Kandidaten gesammelt: Der amtierende Präsident und ehemalige Premierminister Zoran Milanović, unterstützt von den Sozialdemokraten, erhielt schon im ersten Wahlgang 49,09 Prozent der Stimmen. Der parteilose Mediziner und ehemalige Bildungsminister Dragan Primorac wurde von den liberalen bis rechten Regierungsparteien unterstützt und erreichte trotzdem nur 19,35 Prozent. Die konservative Philosophin und Bioethikerin Marija Selak Raspudić, parteilos, kam auf 9,25 Prozent. Die »grüne« Psychiaterin Ivana Kekin lag bei 8,89 Prozent.

Der ultrarechte und parteilos kandidierende Anwalt Tomislav Jonjić wurde mit 5,09 Prozent Fünfter. Er hatte sich unter anderem für die Erweiterung der Befugnisse des Präsidenten stark gemacht, der in Kroatien ähnlich wie in Deutschland hauptsächlich eine repräsentative Rolle einnimmt. Der Kriegsveteran der 1990er Jahre und Bürgermeister von Sinj bei Split, Miro Bulj, von der konservativen Partei Most (Brücke) kam auf 3,82 Prozent. Der gelernte Textilarbeiter punktete bei der ländlichen Arbeiterklasse, da er unter anderem die horrende Inflation thematisierte. Die Grafikprofessorin Branka Lozo von der neugegründeten Partei »Heimat und nationale Versammlung«, einer Rechtsabspaltung der mitregierenden »Heimatbewegung«, kam auf 2,41 Prozent. Der parteilose Unternehmer Niko Tokić Kartello blieb unter einem Prozent der Stimmen und kündigte seinen Rückzug aus der Politik an.

Eine sozialistische oder zumindest kapitalismuskritische Kandidatur war ausgeblieben, da Katarina Peović von der »Arbeiterfront« nach dem Ausscheiden aus dem Parlament im Frühjahr 2024 nicht noch einmal antrat. Bei den Präsidentschaftswahlen 2019 war sie mit 1,12 Prozent im ersten Wahlgang Achte von elf geworden. Milanović hatte damals im ersten Wahlgang 29,55 Prozent und 52,67 im zweiten geholt, wodurch die konservative Kolinda Grabar-Kitarović von der regierenden Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) ihr Amt verlor. Kurz darauf flammte ein bis heute anhaltender Konflikt zwischen Premier Andrej Plenković und Milanović auf. So warf der HDZ-Politiker dem Präsidenten vor, Kokain zu konsumieren und ein »russischer Agent« zu sein. Milanović wiederum hielt dem Regierungschef vor, mehr im Interesse von EU und NATO als im Interesse Kroatiens zu handeln.

Einige Oppositionspolitiker haben bereits mehrfach die Theorie formuliert, dass die beiden größten Parteien in Kroatien, die konservative HDZ und die sozialdemokratische SDP, ihr Machtduopol wahrten, indem sie sich gegenseitig »unterstützen«. Bei der Parlamentswahl im Frühjahr hatte Präsident Milanović, dessen Parteimitgliedschaft aufgrund seines Amtes ruhen muss, versucht, in Zagreb für die SDP zu kandidieren, »um Premierminister zu werden«. Das Verfassungsgericht stoppte ihn mit der Aufforderung, dazu sein Amt niederzulegen: Ein Präsident solle schließlich alle Bürger vertreten. Das kam der HDZ zugute, die sich als letzte Schützerin der Verfassung inszenieren konnte und sich so zum dritten Mal in Folge durchsetzte, während sich Milanović als Beschützer des Volkes vor der mehrfach wegen Korruption verurteilten HDZ präsentierte. Deren aktueller Präsidentschaftskandidat Primorac ist kein Parteimitglied und unter HDZ-Anhängern eher unbeliebt, da er als wenig charismatisch wahrgenommen wird und von Beginn an von manchen sogar als »Steigbügelhalter« Milanovićs bezeichnet wurde.

Da kein Kandidat auf Anhieb mehr als 50 Prozent der Stimmen erreichte, werden am 12. Januar Stichwahlen zwischen Milanović und Primorac abgehalten. Es wird erwartet, dass Milanović die besseren Chancen hat.

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