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Aus: Ausgabe vom 06.01.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Syrien

Bestens informiert

USA und mit ihnen verbündete Milizen nahmen am Sturz Assads in Syrien teil
Von Wiebke Diehl
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Zeigen, was man hat: Militärparade der zu HTS gehörenden »Khaled«-Brigade am 27. Dezember in Damaskus

Kurz vor Weihnachten veröffentlichte die britische Tageszeitung The Telegraph eine Recherche, aus der hervorgeht, dass US-amerikanische Spezialeinheiten mit ihnen verbündete Milizen in Syrien vorab über die Offensive, die die Regierung von Baschar Al-Assad am 8. Dezember zu Fall brachte, informiert haben. So seien den von London und Washington ausgebildeten Kämpfern der Revolutionären Kommandoarmee (RCA) bereits Wochen im Voraus detaillierte Informationen nicht nur über die bevorstehenden militärischen Aktivitäten der Haiat Tahrir Al-Scham (HTS), sondern auch über deren Ausmaß mitgeteilt worden.

Auf dem US-Militärstützpunkt Al-Tanf – im Länderdreieck Irak, Syrien, Jordanien – seien schon Anfang Oktober zusätzliche Milizen unter das Kommando der RCA gestellt worden. Als die HTS ihre Offensive auf Aleppo begann, marschierten diese Truppen Richtung Damaskus und besetzen seither etwa ein Fünftel des Landes. Es sei ihr »Moment«, habe man ihnen gesagt, so Kämpfer der RCA gegenüber der Zeitung. »Entweder wird Assad fallen, oder ihr werdet fallen.« Darauf, dass die USA bestens über die Pläne der HTS informiert waren, deutet auch die Verdopplung ihrer in Syrien stationierten Truppen auf 2.000 Mann hin.

Laut The Telegraph erhalten die von den USA und Großbritannien bewaffneten und ausgebildeten Kämpfer ein Gehalt von 400 US-Dollar im Monat – zwölfmal so viel wie die Soldaten der inzwischen aufgelösten syrischen Armee. Ihre direkte Kooperation mit der HTS hätten die US-Amerikaner in Al-Tanf koordiniert. Während dschihadistische Milizen zeitgleich aus dem Norden und Süden vormarschierten, griffen auch die kurdisch dominierten und ebenfalls mit den USA verbündeten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDK) Stellungen der syrischen Armee an und eroberten von ihr gehaltene Ortschaften in der Provinz Deir Al-Sor. Zudem erfolgten US-amerikanische und israelische Luftangriffe. Israel hatte das Bombardement syrischen Territoriums bereits in den Wochen vor Beginn der dschihadistischen Offensive erheblich intensiviert.

Die HTS unter Abu Mohammed Al-Dscholani sowie ihre Vorgängerin Nusra-Front sind über die Jahre des syrischen Kriegs nicht nur von der Türkei, sondern auch von Israel unterstützt worden. Zudem profitierten sie bis zu ihrer Einstufung als Terrororganisation und der Aussetzung eines inzwischen zurückgenommenen Kopfgelds auf Dscholani durch Washington von einer gemeinsamen Operation der CIA und der Golfstaaten, die gegen Assad kämpfende Milizen über die Türkei mit Waffen ausstatteten und trainierten. Dadurch kam die Nusra-Front auch in den Besitz der nötigen Rohmaterialien und des Know-hows zur Herstellung von Chemiewaffen.

Die Regierung Assad hat sich bis zuletzt geweigert, die von Israel völkerrechtswidrig annektierten syrischen Golanhöhen aufzugeben. Sie hat an ihrer Unterstützung des palästinensischen Widerstands und der libanesischen Hisbollah festgehalten, aber während des gesamten Kriegs nie ein anderes Land angegriffen. Seit dem 8. Dezember hat die israelische Armee 600 Quadratkilometer syrischen Territoriums unter ihre Kontrolle gebracht und setzt ihre Luftangriffe auf militärische Ziele im Land fort. Auch hat sie die sechs strategisch wichtigsten Gewässer im Süden in Beschlag genommen. Tel Aviv kontrolliert damit 30 Prozent der syrischen und 40 Prozent der jordanischen Wasserversorgung. Schon seit Jahren ist Syrien im Norden und Süden von US-amerikanischen Truppen und im Nordwesten türkisch besetzt.

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