Braune Bande im grünen Deckmantel
Von Carina SchererEs gibt mehr als nur eine Spielart faschistischer Ideologie, die den Schutz der Natur sowie die industriell beschleunigte Erderwärmung zur Grundlage nimmt. So verbirgt sich hinter der »grünen« Fassade des Ökofaschismus eine Agenda der Täuschung, des auf die Spitze getriebenen Nationalismus und der sozialen Ungleichheit. In »Ecofascism Revisited: Lessons from the German Experience« legten Janet Biehl und Peter Staudenmaier 1995 dar, wie tief das Phänomen in der deutschen Geschichte verwurzelt ist und wie das »Blut und Boden«-Prinzip der Nazis eine Renaissance erlebt.
Die heutige Vorstellung, die eigene Umwelt vor Überbevölkerung und »fremden Eindringlingen« schützen zu müssen, basiert oft auf der Behauptung, diese würden Natur- und Umweltschutz nicht respektieren – von mangelndem Recycling über fehlendes Engagement für Tierschutz bis hin zu wahnwitzigen Schreckensmärchen à la Donald Trump, wonach Migranten Haustiere essen. Ökofaschistische Anleihen finden sich auch in den »Manifesten« mehrerer Attentäter, von denen sich auch die von Halle und Hanau motivieren ließen.
Der australische Neonazi Brenton Tarrant, der am 15. März 2019 im neuseeländischen Christchurch zwei Moscheen angriff und insgesamt 51 Menschen tötete, bezeichnete sich explizit als »Ökofaschist«, der sich Sorgen um den Klimawandel mache und Einwanderung als »umweltbedingte Kriegführung« betrachtete. Der Gipfel der ökofaschistischen Logik findet sich bei Patrick Crusius. Der damals 21jährige begründete seinen Anschlag in El Paso im August 2019, indem er erklärte, dass die Zersiedelung ineffiziente Städte schaffe, die unnötigerweise Millionen Hektar Land zerstören würden. Dass, wenn man genug Menschen loswerde, der Lebensstil nachhaltiger werden könnte.
Im Gegensatz dazu verfolgt der sogenannte fossile Faschismus primär wirtschaftliche Interessen, vor allem die der fossilen Brennstoffindustrie (Öl, Gas, Kohle). In ihrem 2021 veröffentlichten Buch »White Skin, Black Fuel: On the Danger of Fossil Fascism« erklären Andreas Malm und das Zetkin-Kollektiv, wie rechte Parteien alte »Strategien des Leugnens« wiederbeleben, um diese fossile Industrie zu stärken und den Staat davon abzuhalten, ernsthafte Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Der Historiker Daniele Conversi sieht in der Taktik und in den Folgen des »Trumpismus« die Absicht, Misstrauen gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Institutionen zu schüren, um die Profite der herrschenden Klasse zu sichern – und das nicht nur in den USA.
Ökofaschismus und »fossiler« Faschismus verfolgen damit ein gemeinsames Ziel: Sie wollen von realen Lösungen für die Klimakrise ablenken, obwohl sie dabei vorgeben, sich für den Planeten einzusetzen. Der Trick dahinter? Die Wahrheit verschleiern und die Öffentlichkeit vom Wesentlichen ablenken. So wird verhindert, dass echte Lösungen für die Umweltprobleme gefunden werden.
So fördert der US-Plutokrat Elon Musk, der zum erweiterten Regierungsapparat des gewählten Präsidenten Trump zählt, erneuerbare Energiequellen. Mit seinem Finanzvermögen ist Musk zugleich in Argentinien am Lithiumabbau beteiligt, der zur Zerstörung von Ökosystemen und zur Vertreibung indigener Gemeinschaften führt. Musks »Umweltengagement« konzentriert sich letztlich auf reiche Nationen: Umweltschutz für die Eliten, während die Ressourcen der Ärmsten ausgebeutet werden. Das ist profitabel für ihn, da er Lithium in den Batterien für beide seiner Unternehmen – sowohl Tesla als auch Space X – benötigt.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Norbert S. aus München (8. Januar 2025 um 17:42 Uhr)Yap, unter den Ökofaschos gibt es auch echt krasse Sekten, die sich über jedes untergegangene Schlauchboot auf dem Mittelmeer freuen, weil die Ertrunkenen ja jetzt keine Schäden mehr anrichten können. Und überhaupt scheint es so ein generelles, in Feedbackschleifen wirkendes Sentiment rechtsdrehender Dummspacken besonders in den asozialen Medien zu sein, Natur oder »Natürlichkeit« immer, also völlig undifferenziert als sehr gut anzusehen. Die Deppen würden sicher auch Erdöl oder Uran fressen, wenn ihnen jemensch – sachlich korrekt – erzählt, dass das »ganz natürlich in der Natur« vorkommt, »frisch und unbehandelt geerntet« wurde. Vermutlich hat das neben dem üblichen »Denken« in groben Schubladen mit der ebenfalls immer wieder bei den üblichen Verdächtigen zu beobachtenden Affinität zum Sozialdarwinismus zu tun: Die geistige Trägheit und sukzessiver Unwillen, sich aus der Klammer der Evolution zu befreien und selbstbestimmt Dinge zu bewerten. Mensch will also lieber Sklave des Führers, in dem Fall in der ideellen Gestalt der Natur, sein, als »die Schöpfung«(tm) ihres aus dem Popo gezogenen, magischen Zauberwesens – wie immer sie es auch bezeichnen – in Frage zu stellen. Zu Zeiten der Covid-Pandemie – übrigens: ganz natürlich so ein Virus … – ging das soweit, dass aus der Ecke Stimmen kamen, denen sehr wohl bewusst war, dass das Covid-Virus kein Fake ist und dass Impfungen lebensrettend sind. Tenor: »Ich lass mich trotzdem nicht impfen, denn wenn mein Körper [implizit: oder irgend ein anderer Körper, den ich ggf. anstecke] nicht stark genug ist, dem Virus zu widerstehen, hat er es auch verdient, daran zu verrecken.«
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