Donald markiert sein Revier
Von Arnold SchölzelAb 20. Januar amtiert Donald Trump zum zweiten Mal als US-Präsident in Washington. Bis dahin bestimmt er nach seiner Meinung von seiner Residenz in Florida aus bereits das Geschehen in den USA und darüber hinaus. Am Dienstag abend erklärte er dort, »die gesamte Wahrnehmung der Welt« sei seit seinem Wahlsieg anders geworden. Menschen von überall, darunter mehr als 100 Staats- und Regierungschefs, hätten ihm das bestätigt.
Trump sprach 30 Minuten zu einem Bündel innen- und außenpolitischer Fragen, beklagte seine privaten Gerichtsverfahren und kündigte ein »goldenes Zeitalter« für die USA an. Anschließend antwortete er gut 35 Minuten auf Journalistenfragen. An die Spitze stellte er Investitionen in die US-Industrie. Er werde die Inflation beseitigen, die Zinsen senken und die »Reformblockade« der Biden-Administration beseitigen. Die US-Wirtschaft werde wie ein »Raketenschiff« abheben. Sein Amtsvorgänger, den er dafür verantwortlich machte, dass aus US-Duschen nur noch »Drip-drip-drip« statt Wasser komme, sei, erläuterte er übergangslos, verantwortlich für den »empörenden Rückzug« aus Afghanistan. Das Desaster wiederum habe Russland ermuntert, die Ukraine anzugreifen. Er nannte den Ukraine-Krieg ein »Biden-Fiasko« und erläuterte: »Ein großer Teil des Problems bestand darin, dass Russland viele, viele Jahre lang, lange vor Putin, sagte: ›Die NATO könnte sich niemals in der Ukraine engagieren.‹ Nun, das haben sie gesagt. Das ist sozusagen in Stein gemeißelt.« Biden habe aber den NATO-Beitritt der Ukraine für möglich erklärt und: »Dann hat Russland jemanden direkt vor seiner Haustür, und ich könnte seine Gefühle dazu verstehen.« Ähnlich begründete Moskau 2022 seinen Einmarsch in die Ukraine.
Ebenso sprunghaft wechselte der 78jährige nach Wassermangel und dem Verbot Bidens vom Vortag, einen Teil der US-Küstengewässer für Öl- und Gasbohrungen zu sperren, zu seinen Annexionsansprüchen: Der Panamakanal sei das größte US-Bauwerk aller Zeiten, aber James Carter (dessen Leichnam am Dienstag zur Aufbahrung im Kapitol nach Washington geflogen wurde) habe es für einen US-Dollar an Panama verkauft. Nun betreibe China den Kanal (was eine »alternative Wahrheit« ist). Trump erneuerte sein Verlangen nach Grönland, drohte mit hohen Zöllen für Kanada und Mexiko und verkündete die Umbenennung des Golfs von Mexiko in »Gulf of America« (»ein wunderschöner Name«). Auf die Frage, ob er bei Panama und der arktischen Insel wirtschaftlichen oder militärischen Zwang ausschließe, antwortete Trump: »Nein, das kann ich Ihnen nicht versichern.« Die beiden Gebiete würden für »wirtschaftliche Sicherheit« benötigt. Am Dienstag traf schon mal der Trump-Sohn Donald Trump Junior »privat« in Grönland ein (siehe Foto). Außerdem forderte der Senior, dass die NATO-Staaten fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollen.
Trump überbot damit die Forderung des deutschen Kanzlerkandidaten Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), die Rüstungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, nur wenig. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Habecks Verlangen als »unausgegoren« bezeichnet hatte, reagierte auf Trump und behauptete: »Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden.« Dieses Prinzip gelte und sei »eine Grundlage unserer Friedensordnung«. Die US-geführten Kriege seit 1991 dürften der Nochkanzler wie üblich zur Friedensordnung zählen.
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