Gegründet 1947 Donnerstag, 23. Januar 2025, Nr. 19
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Aus: Ausgabe vom 13.01.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Rosa-Luxemburg-Konferenz

Solidarität zuerst

Mut machen in Kriegszeiten: Die 30. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz
Von Arnold Schölzel
Manifestation »Unblock Cuba! Free Palestine!« – das zweite Motto der Konferenz: George Rashmawi (PLO) spricht
Ezé Wendtoin (Burkina Faso, l.) mit Special Guest Mal Élevé (Deutschland)
Jugendforum »Alle Räder stehen still?«
Dietmar Dath: Wieso künstliche Intelligenz den Niedergang des Imperialismus noch gefährlicher macht, und warum sie den Neuaufbau einer anderen Gesellschaft erleichtern könnte
Peter Mertens: Eine andere Lösung der Probleme – eine europäische Friedensordnung
Technik und Presse auf einer Empore über dem Saal
Großer Andrang – gute Stimmung. Bereits am Vormittag waren alle Plätze in Halle B besetzt

Winter in Berlin-Reinickendorf, im Industriegebiet am S-Bahnhof Wilhelmsruh drängen sich am Samstagvormittag Besucher der Rosa-Luxemburg-Konferenz vor einer um 1900 erbauten Eisengießerei, heute Wilhelm-Studios. Am Abend werden an die 3.000 Gäste gezählt, etwa zur Hälfte junge Leute. Der sanierte neue Veranstaltungsort kommt mit seinen rußgeschwärzten Wänden gut an, obwohl oder weil es eng wird.

Furios geben Hannes Zerbe und Band den Startschuss, sie und andere Künstler treten mehrfach auf. Souverän führt Moderatorin Gina Pietsch durch den Tag. Sie bittet die irische Politikerin Clare Daly als erste ans Rednerpult. Deren These: Die Herrschenden zerstören die Welt, das Abschlachten in Gaza – »ein Testfall für die Menschheit«. Letzteres und die internationale Solidarität mit Palästina sind der rote Faden dieser Konferenz.

Kwesi Pratt (Ghana), der kein Visum erhielt, spricht per Video unter Hinweis auf Kuba, Afrika und Palästina von einer »Welt in Flammen«. Aus dem US-Knast heraus warnt Mumia Abu-Jamal davor, mit Furcht zu reagieren. Das nütze allein den Rechten. Dietmar Dath nennt »künstliche Intelligenz« eine Neuformierung der Ausbeutung: Der Kapitalismus trennte einst die Arbeitenden von den Produktionsmitteln, heute soll KI zur »Verschrottung« der Menschheit dienen, das Ende von Humanismus besiegeln, kann aber auch eine echte »Leistungsgesellschaft« fördern. Anschaulich berichten junge Gewerkschafter und die SDAJ im Jugendforum: Das Streikrecht wird unterlaufen. Yücel Demirer (Türkei), dem auch das Visum verweigert wurde, sagt: Kampf gegen den Krieg ohne den gegen Kapitalismus ist nicht möglich.

Ein Höhepunkt wird erneut die Saalmanifestation: »Unblock Cuba! Free Palestine!« – das zweite Konferenzmotto. Solidarität auch mit der gefangenen Daniela Klette, deren Grußbotschaft Rolf Becker vorträgt. Isolation prägt die Linke in Israel, so Eran Torbiner im Gespräch mit Susann Witt-Stahl. Mitreißend und Mut machend ruft Peter Mertens (Belgien) zum Zusammenschluss der Arbeiterparteien auf: »Sozialismus statt Krieg!«

Am Mittwoch, dem 29. Januar, veröffentlicht jW die Referate der Konferenz in einer Beilage.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (13. Januar 2025 um 14:41 Uhr)
    Die 30. Rosa-Luxemburg-Konferenz hat sich mit großem Ernst mit der Erhaltung des Friedens, mit der Solidarität und mit den Wegen zu einer gerechteren Welt beschäftigt. Es ist bezeichnend, dass sie genau deshalb von der offiziellen BRD mit Misstrauen beäugt und behandelt wird. Das sagt mehr über unser Land, als man in einer noch so langen Streitschrift formulieren könnte. Wirklich bedeutsam war das Plädoyer, bei aller Unterschiedlichkeit möglicher Sichten auf unsere Zeit das Verbindende in den Vordergrund zu stellen. Um das Trennende bemühen sich schon diejenigen genug, denen weder die RLK, noch die junge Welt, noch wir alle mit unserem Denken ins Weltbild passen.
    • Leserbrief von Ulrike Meyer aus Tübingen (16. Januar 2025 um 13:01 Uhr)
      »Die Menschen sind nicht gleich, aber ihre Rechte« und »Die Würde des Menschen ist unantastbar« – das reicht eigentlich als Richtschnur oder Leitbild für jede verantwortliche Politik. Krieger brauchen Feindbilder, um sich einzureden, dass sie diejenigen sind, die ein Recht dazu haben, den anderen das Seinsrecht abzusprechen, sie zu vernichten. Ich meine, um den gleichen Rechten und der Würde eines jeden Menschen in einem jeden Land Raum zu geben, soll ich sowohl das Verbindende als auch das Trennende wahrnehmen und benennen können. Dann kann ich doch auch mein Bewusstsein überprüfen, in welcher Ecke von mir doch das »Andere« weniger Wert geschätzt wird, so dass ich womöglich grad mit dem »Anderen« nicht wirklich solidarisch sein mag. Es liegt an mir. Es liegt an Dir. Und vielleicht werden wir dann zu einem Wir. Ulrike