RWE will roden
Von Wolfgang PomrehnDie Auseinandersetzung an den Tagebaulöchern im rheinischen Braunkohlerevier geht weiter. Der Energiekonzern RWE, will westlich von Köln einen sechs Hektar großen, derzeit noch von Umweltschützern besetzten Wald roden, um dort Kies abzubauen und Material für die Befestigung der Hänge des benachbarten Tagebaus Hambach zu gewinnen. Dagegen hat jetzt ein Bündnis aus verschiedenen Initiativen und Organisationen wie das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC, das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter für Klimaschutz sowie Gruppen aus den umliegenden Dörfern protestiert. In einer gemeinsamen Erklärung stellen sie unter anderem fest, dass der neue Hauptbetriebsplan von RWE nicht das Gebot der Landesverfassung umsetzt, die Lebensgrundlagen zu schützen. Auch die Verbindung der Ökosysteme im Braunkohlerevier werde damit unterbrochen, die zu erhalten im Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen versprochen worden war.
Der betroffene Wald, das sogenannte Sündenwäldchen liegt auf einer größeren Fläche neben dem jahrelang umkämpften Hambacher Forst, in dem es 2018 den größten Polizeieinsatz in der Geschichte Nordrhein-Westfalens gegeben hatte. Die seinerzeit durchgeführte Räumung der dortigen Waldbesetzung, bei der ein junger Journalist ums Leben kam, wurde im nachhinein von einem Gericht für rechtswidrig erklärt. Die Klima- und Umweltschützer konnten sich letztlich trotz massiver Repression durchsetzen. Die geplante Rodung wurde abgesagt und die Reste des einst um ein Achtfaches größeren, sehr alten Waldes erhalten. Allerdings hat RWE die Tagebaukante bis an den Wald vorgetrieben, so dass nicht sicher ist, ob die Bäume langfristig genug Grundwasser haben werden. Zudem baut RWE bereits auf einer andern Seite Kies ab. Nun soll auch noch an einer dritten Seite eine etliche Dutzend, wenn nicht über hundert Meter tiefe Grube entstehen. Der Wald wäre dann nur noch über eine schmale Verbindung im Südwesten zu erreichen und die alten Bäume von den Grundwasserströmen weitgehend abgeschnitten.
Neben dem Sündenwäldchen will RWE auch das leerstehende Dorf Manheim, dessen Bewohner zum Verlassen gedrängt worden waren, sowie etwas mehr als hundert Hektar Ackerland zerstören. Der dortige Lößboden gehört zu den fruchtbarsten Ackerböden Deutschlands. Den geplanten Kiesabbau betreibt RWE an den meisten Tagebaugruben und teils auch abseits davon als Nebengeschäft. Auch die berüchtigte, unzureichend gesicherte Kiesgrube in Erftstadt-Blessem – 20 Kilometer südöstlich vom Hambacher Forst – , in die beim Julihochwasser 2021 mehrere Häuser stürzten, wurde von einer RWE-Tochter betrieben. Eine Person kam seinerzeit in den eingestürzten Häusern ums Leben.
Derweil hatte am Donnerstag vergangener Woche die Polizei auf den Antrag von RWE hin eine Mahnwache am Sündenwäldchen geräumt. Nach Angaben der Aktivisten geschah das mit Androhung von Strafverfolgung und mit körperlichem Zwang. Einen Tag später habe das Verwaltungsgericht Köln den Polizeieinsatz für rechtswidrig befunden. Die Mahnwache werde daher fortgesetzt. »So läuft das in NRW«, zitiert eine Pressemitteilung der Mahnwachengruppe eine Teilnehmerin: »Der König RWE befiehlt, und seine Schergen gehorchen.«
Das Bündnis, das am Sonntag einen Protestspaziergang gegen die Rodung veranstaltete, geht davon aus, dass RWE am 1. Februar mit der Rodung beginnen will. Bis dahin steht noch eine Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts über eine Klage des Bunds für Umwelt- und Naturschutz gegen die Rodung aus. Am 28. Februar endet die Zeit, in der das Fällen von Bäumen in der Region zulässig ist.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 09.11.2019
»Die Bagger stehen keine 50 Meter vom Wald entfernt«
- 27.09.2018
Streitpunkt Hambacher Forst
- 27.11.2017
Rettungsversuch in letzter Sekunde
Regio:
Mehr aus: Inland
-
»Ein Problem ist die krasse Intransparenz«
vom 13.01.2025 -
Robustes Handeln
vom 13.01.2025 -
Wind von vorn
vom 13.01.2025 -
Agenden aus der Mottenkiste
vom 13.01.2025 -
»Das Risiko wurde einfach in Kauf genommen«
vom 13.01.2025