Einfallstor Italien
Von Alex Favalli
Es sind Geschäfte unter Freunden: Wie in der vergangenen Woche bekanntgeworden ist, hat die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ihrem Freund Elon Musk die Tore zur kritischen Infrastruktur Italiens geöffnet. Zwar dementiert sie weiterhin, mit dem reichsten Mann der Welt und engem Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump einen Deal geschlossen zu haben, doch aus dessen Verlautbarungen auf X und einem Berichts Bloombergs geht hervor, dass der Abschluss eines Vertrags mit 15 Jahren Laufzeit à 300 Millionen Euro pro Jahr mit Space X für »sicheres Internet« bevorstehen könnte. Dieses ist demnach für Regierung, Militär und »Sicherheitskräfte« bestimmt.
Für Musks Unternehmen Space X, Betreiber des Satellitennetzwerks Starlink, wäre ein solches Abkommen eine Gelegenheit, sich einen Platz auf dem italienischen Markt der Netzanbieter zu sichern. Italien wäre bei Vertragsabschluss das erste Land in der EU, das dem reichsten Menschen der Welt sensible Kommunikationsdaten anvertraut – ein erhebliches Risiko für die nationale Sicherheit, wie Experten in Italien warnen. Auch die Opposition kritisierte die Berichte scharf, so der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung Giuseppe Conte: »Legen die ›Patrioten‹ in der Regierung unsere nationale Sicherheit für die bescheidene Summe von 1,5 Milliarden in die Hände von Musk? Schutz von Unternehmen, Datenschutz, Privatsphäre, Cybersicherheit: Kann all dies auf der Grundlage persönlicher Beziehungen entschieden werden?« Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hingegen ließ nur verlauten: »Es ist Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, mit welchen Dienstleistern sie Vereinbarungen treffen wollen.«
Das ist bemerkenswert, schließlich will die EU mit IRIS2 eine eigene Satellitenkonstellation aufbauen, um die Abhängigkeit von außereuropäischen Systemen von 2025 an schrittweise zu verringern. Doch Meloni könnte mit einem Vertrag den Startschuss für weitere EU-Länder geben, ebenfalls Verträge mit Space X abzuschließen. Musk auf jeden Fall schien auf X schon zu feixen: »Es wird großartig. Andere Länder in Europa werden es auch nutzen wollen.«
Wie ein Bericht der italienischen Zeitung Il Foglio vom Sonnabend nahelegt, öffnet sich Starlink wohl noch eine weitere Tür – und zwar zum Markt der privaten Internetanschlüsse in Italien. Demzufolge ist ein Vertrag zwischen dem größten italienischen Telekommunikationsunternehmen TIM und dem multinationalen Satellitenbetreiber Eutelsat abrupt gekündigt worden. Der 2020 geschlossene Deal sollte garantieren, dass auch Regionen ohne Glasfaserinfrastruktur mit Anschlussdiensten versorgen werden.
Eutelsat, dessen Hauptaktionär der indische Riese Bharti ist und an dem die britische und die französische Regierung beteiligt sind, habe demnach anscheinend beschlossen, die Vereinbarung mit TIM einseitig zu beenden. Kommunikationsdienste, die auf der Eutelsat-Satellitentechnologie basieren, könne das Unternehmen seinem Boss, Luigi Gubitosi, zufolge, schon ab dem 19. Januar nicht mehr garantieren. Für TIM-Kunden kam die Nachricht wie ein Donnerschlag. Übernimmt Starlink im Laufe der kommenden Tage auch diese Kunden, kann Musks Unternehmen mit mindestens 50.000 neuen Nutzern rechnen und macht damit auch dem größten europäischen Konkurrenten des US-Konzerns, Eutelsat, Konkurrenz.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (13. Januar 2025 um 06:55 Uhr)Eutelsat ist leider keine Konkurrenz, auch hier hat die EU seit mehr als 10 Jahren die Entwicklung verschlafen. Auch im Moment ist nicht absehbar, wann oder ob überhaupt der Vorsprung amerikanischer oder chinesischer Unternehmen aufgeholt werden kann. Mit der Spar- und Rüstungspolitik wie sie hier allerorts propagiert wird auf jeden Fall nicht.
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