IKEA-Möbel des Tages: Antipanzerminen
Von Reinhard Lauterbach
Als Bert Brecht 1928 für die Dreigroschenoper den »Kanonensong« schrieb, verstand er den Refrain – »Soldaten wohnen auf den Kanonen« – sicher metaphorisch. Aber es gibt kein Bild, das nicht von der Realität eingeholt wird. So wie jetzt in Polen. Dort hat – wie mit sechsmonatiger Verspätung bekannt wurde – das Militär im Juli einen größeren Posten Antipanzerminen auf drei Züge verladen und von Hajnówka an der Grenze zu Belarus in ein Depot im Westen des Landes geschickt. Warum, ist nicht bekannt; im Prinzip wäre der Transport solcher Sprengladungen in die umgekehrte Richtung logischer gewesen, schließlich ist es Polen, das seine Ostgrenze derzeit systematisch befestigt.
Auf jeden Fall kamen zwei der Transporte halbwegs vorschriftsmäßig am Zielbahnhof an, aber mit dem dritten gab es Schwierigkeiten. Der Zug war nämlich ursprünglich nicht vorgesehen gewesen, er kam spät in der Nacht am Zielort an, als dort nur noch der Nachtwächter anwesend war, aber niemand vom Militär, der die Entladung hätte überwachen können. So blieb der Waggon mit den Minen ein paar Tage lang stehen wie bestellt und nicht abgeholt, dann lief die Charterfrist ab, und die Armee gab ihn an die Eisenbahngesellschaft PKP Cargo zurück. Die schob den Wagen noch einige Tage zwischen verschiedenen Stationen herum und hängte ihn schließlich an einen Transport mit Selbstbaumöbeln, der an ein Depot einer bekannten schwedischen Möbelkette ging – 30 Kilometer vom Ausgangspunkt der Reise entfernt. Erst dort entdeckten aufmerksame Mitarbeiter, dass die fünf Paletten irgendwie nicht zum Sortiment gehörten, und benachrichtigten das Militär.
Nicht in die Luft, aber an die Luft flog nun der Chef des militärischen Nachschubwesens. An ungesicherte Gefahrguttransporte wird man sich im Zeichen der Zeitenwende gewöhnen müssen.
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vom 13.01.2025