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Aus: Ausgabe vom 13.01.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
China und Afrika

Besuch vom großen Bruder

Neuer Schwung und Ausbau des Handelsvolumens: Chinas Außenminister bereist vier afrikanische Staaten
Von Bernard Schmid
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Die Präsidentin Namibias, Netumbo Nandi-Ndaitwah (r.), in Windhoek mit Chinas Außenminister Wang Yi

Es ist bereits langjährige Tradition, dass chinesische Außenminister ihre erste Auslandsreise im neuen Jahr des christlichen Kalenders jeweils nach Afrika unternehmen. Vom 5. bis 9. Januar war der seit 2013 amtierende Minister Wang Yi, Mitglied im Politbüro der KP Chinas, in vier afrikanischen Staaten unterwegs. Der Reiseverlauf führte dabei vom Süden zum Westen des Kontinents: Von Windhoek, Namibia, ging es über Brazzaville – die Hauptstadt der Republik Kongo – und N’Djamena im Tschad in die nigerianische Bundeshauptstadt Abuja, wo Wang Yi seine Staatsbesuche abschloss.

Auch in den Medien anderer afrikanischer Länder, wie etwa der Republiken Côte d’Ivoire und Burkina Faso, war die Visite ein wichtiges Thema. In einer der größten Tageszeitungen im westafrikanischen Burkina Faso, Le pays (Das Land), wurde dazu am 8. Januar kommentiert, Afrika habe viel von China zu lernen, da das asiatische Land sich erfolgreich vom abhängigen Agrarland zur Wirtschaftsgroßmacht entwickelt hat. Zugleich stellte der Leitartikel fest: »Die Wahl der Reiseziele des chinesischen Diplomaten war nicht dem Zufall geschuldet: Von Windhoek bis Abuja mit Umweg über Kinshasa und N’Djamena hat Afrika (dort) um so mehr zu bieten, als die jeweiligen Länder vor mineralischen Rohstoffen oder Erdöl überquellen. Dies macht klar, dass jenseits der Reden die Interessen den Schrittmacher bilden.«

In einem Punkt irrt Le pays dabei offensichtlich: Es war nicht Kinshasa, die Metropole der Demokratischen Republik Kongo (DRK), das auf dem Reiseplan stand – sondern Brazzaville, die Hauptstadt des »anderen« Kongo, der Republik Kongo. Beide Städte liegen eine Flussbreite weit auseinander, doch ist die Republik Kongo mit rund sechs Millionen Einwohnern ungleich weniger bevölkerungsreich als ihre Nachbarin mit mittlerweile über 100 Millionen Menschen. Rohstoffreich ist jedoch nicht nur die DRK, deren Ressourcen dereinst ein Geograph der Kolonialmacht Belgien – Jules Cornet – bewundernd und habgierig zugleich als »einen geologischen Skandal« bezeichnet hatte, weshalb alle internationalen Großmächte dort investieren, sondern auch die Republik Kongo. Es handelt es sich überwiegend um Erdölvorkommen.

Vom Jahr 2000 bis 2020 wuchs das sino-afrikanische Handelsvolumen insgesamt von zehn Milliarden auf 200 Milliarden Dollar jährlich. Erstmals war anlässlich des Chinesisch-Afrikanischen Kooperationsforums FOCAC – dieses findet alle drei Jahre statt – im Dezember 2021 in Dakar ein gewisser Dämpfer für die Fortentwicklung der ökonomischen Beziehungen zu verzeichnen. Statt wie bei den vorausgehenden Gipfeln insgesamt 60 Milliarden, wurden dort noch 40 Milliarden an Investitionen und Krediten vereinbart. Das hing auch mit der Covid-Krise zusammen. Neuen Schwung bringen sollte jedoch das darauffolgende Treffen FOCAC im September 2024 in Beijing. China stellte wiederum erneut gut 50 Milliarden an Investitionen in Aussicht, genau waren es 50,7 Milliarden Dollar. UN-Generalsekretär António Guterres, der auf dem Gipfel anwesend war, versprach sich von ihm einen Erfolg beim gigantischen Ausbau erneuerbarer Energiequellen – so kündigte China an, in Solarzellen in Sambia und Zimbabwe sowie Windräder in Südafrika zu investieren. Das Handelsvolumen zwischen China und Afrika erreichte 2024 bereits 167,8 Milliarden Dollar allein im ersten Halbjahr.

Das nächste FOCAC soll 2027 unter dem gemeinsamen Vorsitz Chinas und der Republik Kongo stattfinden. Auch davon war jüngst beim Ministerbesuch in Brazzaville die Rede. In Nigeria, zum Abschluss der Reise von Wang Yi, war von der Errichtung eines Hafens in einer Freihandelszone sowie der Stabilisierung der Krisenregion Sahel die Rede.

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