Kanonenboote auf Kurs
Von Arnold SchölzelDie NATO erweitert ihre militärischen Aktivitäten in der Ostsee. Darauf hatte sich die Allianz bereits am 30. Dezember in Brüssel verständigt. Anlass war die angeblich gezielte Zerstörung von Kabeln zwischen Finnland und Estland am 25. De-zember durch den unter der Flagge der Cookinseln fahrenden Tanker »Eagle S«. Dessen Besitzer ist die Reederei »Caravella« in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Untersuchungsergebnisse finnischer Ermittler zu dem Vorfall wurden bisher nicht veröffentlicht.
Die NATO-Maschinerie läuft dennoch. Am Freitag kündigte die finnische Außenministerin Elina Valtonen in Helsinki die Entsendung von Schiffen der Allianz an und erklärte, die umfassendere NATO-Präsenz habe eine beruhigende, stabilisierende Wirkung. Bereits am Samstag startete dann von Kiel aus der ständige NATO-Minenräumverband mit zunächst zwei Schiffen in Richtung Baltikum. Am Sonntag teilte der schwedische Regierungschef Ulf Kristersson mit, sein Land werde sich mit drei Kriegsschiffen und einem Überwachungsflugzeug beteiligen. Nach dpa-Informationen sollen insgesamt etwa zehn Schiffe teilnehmen.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte am Freitag bei einem Besuch im niedersächsischen Nordholz mitgeteilt, dass sich auch Deutschland an der erhöhten NATO-Präsenz in der Ostsee beteiligen wird. Er erklärte: »Wir wissen, dass Russland die westlichen Staaten hybride angreift.« Dagegen sende man ein klares Signal, dass man Sabotage und Zerstörung nicht dulden werde. Die Details dazu würden unter den NATO-Mitgliedern abgestimmt, auch Deutschland werde sich »mit einem starken Beitrag« daran beteiligen.
An diesem Dienstag sollen dazu offenbar weitere Beschlüsse gefasst werden. Mehrere Ostseeanrainerstaaten wollen auf einem Gipfel in Finnland über Sicherheit in der Region sprechen. Der finnische Staatspräsident Alexander Stubb und Estlands Ministerpräsident Kristen Michal richten die Zusammenkunft in Helsinki gemeinsam aus, wie Stubbs Büro am Mittwoch mitgeteilt hatte. Unter den Teilnehmern sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), NATO-Generalsekretär Mark Rutte, die Vizepräsidentin der EU-Kommission Henna Virkkunen sowie die Staats- und Regierungschefs von Dänemark, Lettland, Litauen, Polen und Schweden.
Damit entsteht offenbar eine zweite, speziell gegen Russland gerichtete NATO-Unterorganisation im Ostseeraum. Bereits seit 2018 ist das Zehn-Staaten-Bündnis »Joint Expeditionary Force« (JEF) tätig, das Truppen zur Abschreckung und zur schnellen Reaktion bereitstellt. Neben den fünf skandinavischen Staaten gehören ihm die drei baltischen Länder und die Niederlande unter Führung Großbritanniens – im NATO-Jargon »Framework Nation« – an. Deutschland und Italien fungieren auf anderen Gebieten als »Führungsnationen«. Die JEF koordinierte bisher die Überwachung der Seegebiete vom Ärmelkanal über die Nordsee und den Nordatlantik bis in die Ostsee. Der britische Verteidigungsminister John Healey hatte bereits am 6. Januar angekündigt, die JEF werde die kritische Infrastruktur in der Ostsee verstärkt überwachen. Sie habe die Operation »Nordic Warden« gestartet und nutze künstliche Intelligenz, um Schiffe zu überwachen und Risiken zu bewerten. Die JEF-Aktion verstärke »bestehende und geplante Reaktionen der NATO«. Die »Reaktionen« wurden offenbar geplant, bevor die russische »Schattenflotte« auftauchte. Am 25. Dezember war es dann soweit.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (14. Januar 2025 um 14:40 Uhr)NATO-Einkreisungspolitik: Die NATO verfolgt konsequent das Ziel, Russland strategisch von Europa abzuschneiden – auf dem Landweg durch die Ukraine, im Baltikum sowie auf dem Schwarzen Meer. Russland ist mittlerweile von einer militärischen Einkreisung betroffen. Passend dazu startete gestern die NATO-Übung »Steadfast Dart 25« in Rumänien, die auf die Stärkung und das Training der NATO-Ostflanke abzielt. Ab Februar werden weitere 15.000 Soldaten in einer separaten, vier Monate dauernden Übung trainiert. Diese zunehmenden militärischen Aktivitäten haben ihren Preis – sowohl finanziell als auch gesellschaftlich. Die Kosten dafür tragen die Steuerzahler, während der Lebensstandard in Europa immer schneller abnimmt. Es ist bedauerlich, dass in einer Zeit zunehmender wirtschaftlicher Herausforderungen solche massiven Ressourcen für militärische Maßnahmen aufgewendet werden, anstatt Lösungen für die sozialen und wirtschaftlichen Probleme in Europa zu finden.
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Leserbrief von Hans-Joachim Breitsprecher aus Stralsund (14. Januar 2025 um 12:04 Uhr)Die Ostseewoche, die nicht nur in Rostock, sondern auch an anderen Orten der Ostseeküste durchgeführt wurde, umfasste eine Programmpalette mit zahlreichen Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur und Sport. Neben den internationalen Kunstausstellungen, Sportveranstaltungen, Jugendlagern und Studententreffen wurden Arbeiter-, Gewerkschafts-, Frauen- und Parlamentarierkonferenzen sowie Juristenseminare und pädagogische Symposien durchgeführt. Zu diesen Veranstaltungen reisten Delegationen aus Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland, der Sowjetunion, aus Polen, Island und aus der BRD an. So hatte das Komitee Ostseewoche sogar Blanko-Visa für die Gäste kirchlicher Veranstaltungen ermöglicht. Rostocker Kultur- und Gewerkschaftsfunktionäre wandten sich direkt an Persönlichkeiten in den skandinavischen Ländern und luden diese zur Ostseewoche ein. Im Volkstheater Rostock wurden Gastspiele aus den nordeuropäischen Ländern und der Bundesrepublik aufgeführt, die in anderen Städten der DDR nicht ohne weiteres durchführbar gewesen wären. Die Bevölkerung des Ostseebezirkes, einschließlich der Sommergäste, stand der Ostseewoche aufgeschlossen gegenüber. Viele Veranstaltungen trugen Volksfestcharakter und wurden dementsprechend gut besucht, die nordischen Gäste wurden mit Interesse aufgenommen. Um gegenüber den ausländischen Gästen die ökonomische Leistungskraft der DDR zu demonstrieren, fand während der Ostseewoche auch die Ostseemesse statt, die mit Spitzenerzeugnissen aus den industriellen und landwirtschaftlichen Betrieben bestückt wurde. Die einheimische Bevölkerung freute sich über das große Warenangebot. Für die Stadt Rostock war die Ostseewoche hinsichtlich der Entwicklung ihrer Infrastruktur sehr erfolgreich. Durch finanzielle Sonderzuweisungen aus dem Staats- und Bezirkshaushalt wurden zum Beispiel ganze Straßenzüge für die Ostseewoche erneuert und das Interhotel Warnow gebaut, Rostock sollte als »Schaufenster nach Skandinavien« avancieren.
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Leserbrief von Nils Damerow-Radtke aus Nordschleswig (14. Januar 2025 um 11:19 Uhr)Wie war das? »Die Ostsee muss ein Meer des Friedens« sein. Das war das Mantra der Ostseewoche, das bis heute in vielen Köpfen nachhallt. 1958 hatten die DDR-Oberen sie ins Leben gerufen – als direkte Konkurrenz zur Kieler Woche. Die Botschaft, das bessere System und das bessere Deutschland zu sein, richtete sich besonders an die Skandinavier, wo die politischen Mehrheiten traditionell links der Mitte lagen. Nachbar Dänemark war zwar seit 1949 NATO-Mitglied, aber viele Dänen fremdelten mit der Allianz, weshalb das Königreich (…) eine Sonderrolle beanspruchte. Schweden und Finnland waren neutrale, blockfreie Staaten. Auch das hat sich mit ihrem Antrag auf NATO-Mitgliedschaft radikal geändert. Die Erklärung für diesen Wandel liefert auch die gemeinsame Geschichte des Kalten Krieges im Ostseeraum. (…) Vor der Ostseewoche, die meist Anfang Juli stattfand, wurde überall im Bezirk Rostock gewerkelt und aufgehübscht. Die Partei- und Staatsführung der DDR wollte einen guten Eindruck hinterlassen, aber auch ganz normale Rostockerinnen und Rostocker freuten sich auf Regatten, Konzerte, das bunte Treiben und natürlich auf internationale Gäste. Die kamen aus allen Ostsee-Anrainerstaaten, sogar aus Norwegen und Island reisten Delegationen an. Den kürzesten Weg hatten die Dänen via Fähre Gedser-Warnemünde. In den frühen 1970er-Jahren machten sich bis zu 20.000 Ausländer auf den Weg. Sie waren zu Jugend-, Frauen- und Arbeiterkonferenzen eingeladen, Ausflüge in Betriebe und Kulturstätten wurden organisiert. Es gab sogar eine Kunstbiennale und ein Schlagerfestival mit hochkarätigen Gästen wie den Olsen Brothers, den späteren European-Song-Contest-Gewinnern. Die Ostseewoche ist immer internationaler geworden. Selbst japanische Freejazz-Bands (…) spielen». (NDR) Es ist dramatisch, wie sich in der immer stärker verschärfenden Weltlage auch der Ostseeraum zu einem waffenstarrenden Meer wird. Nur der konsequente Kampf um Abrüstung verspricht eine friedliche Zukunft aller Anrainer.
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