Kanonen für Kiew
Von Kristian StemmlerSie sei eines der modernsten Rohrartilleriesysteme der Welt, könne sofort und in alle Richtungen schießen und das sogar »aus der Fahrt heraus«. So wird die Radhaubitze RCH 155 vom deutsch-französischem Waffenkonzern KNDS angepriesen. Am Montag hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Kasseler Werk von KNDS die ersten sechs von insgesamt 54 dieser ferngesteuerten Haubitzen, mit denen die Ukraine unterstützt werden soll, an Botschafter Olexij Makejew übergeben. Die Ukraine könne »auf uns zählen«, sagte Pistorius. Künftig soll auch die Bundeswehr mit Radhaubitzen RCH 155 ausgerüstet werden. Diese seien »für die deutsche Landes- und Bündnisverteidigung ein wichtiger Baustein«, erklärte Pistorius. Die Geschütze würden »dazu beitragen, die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr zu erhöhen«.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters vom Montag sollen dieses Halbjahr auch noch 22 Kampfpanzer des Typs »Leopard 1«, 25 »Marder«-Schützenpanzer sowie ein Luftabwehrsystem »Iris-T« SLM/SLS geliefert werden. Dazu kommen demnach 16 Haubitzen, zwei »Patriot«-Startgeräte für die Flugabwehr, sieben Flakpanzer »Gepard« mit 120.000 Schuss Munition, 3.500 bewaffnete Drohnen der Firma Helsing, sechs »Sea-King«-Hubschrauber mit Bewaffnung sowie 250.000 Schuss Artilleriemunition.
Mit Blick auf die BRD halte Pistorius eine Erhöhung des Militäretats auf mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für geboten. 2024 sei das Zweiprozentziel erstmals erreicht worden. In diesem Jahr werde man das fortsetzen und in den Folgejahren noch zulegen. Laut Pistorius ist das alternativlos: Es werde »deutlich mehr werden müssen, wenn wir in dem Tempo und dem Umfang weitermachen wollen, was wir müssen«, erklärte er.
Die Unterstützung der Ukraine mit hochwertigen Artilleriesystemen sei »richtig und wichtig«, goutierte der verteidigungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Florian Hahn (CSU), die Übergabe in Kassel gegenüber der Rheinischen Post (Dienstag) laut Vorabmeldung. »Völlig unverständlich« sei dagegen, »dass sich die Bundeswehr noch lange gedulden muss, bis das Waffensystem beschafft wird und in der Truppe ankommt«. Eine Modernisierung des deutschen Heeres sei dringend notwendig, beklagte Hahn.
Derweil müssen sich die Koalitionspartner SPD und Bündnis 90/Die Grünen über weitere Hilfen für die Ukraine erst noch verständigen. So behauptete der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter am Montag im Deutschlandfunk, der Entwurf für eine weitere Charge im Umfang von rund drei Milliarden Euro hänge im Kanzleramt fest. Die Lieferungen, die vor allem Flugabwehrsysteme enthalten würden, werde in der Ukraine dringend benötigt, sagte Hofreiter. Nach den Informationen, die seiner Fraktion vorlägen, sei es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der die Hilfen blockiere.
Dieser hat den Vorwurf postwendend zurückgewiesen. Im Haushaltsentwurf 2025 seien zwölf Milliarden Euro an Hilfe für die Ukraine vorgesehen, sagte Scholz am Montag auf einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Bielefeld. Er habe vorgeschlagen, »das auch mal zu erweitern«. Dann müsse man »auch sagen, wo das Geld herkommt«. Es bei der Rentenversicherung, den Gemeinden oder aus Investitionsmitteln für »Bahn und Straßen« zu holen sei für Scholz keine Option.
Zuvor hatte der Spiegel berichtet, dass Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Pistorius noch vor der Bundestagswahl vom 23. Februar ein zusätzliches Budget von rund drei Milliarden Euro für Waffenlieferungen an die Ukraine mobilisieren. Das Kanzleramt bremse die Pläne dem Bericht zufolge aus, weil es die künftige Bundesregierung nicht vor vollendete Tatsachen stellen wolle. Pistorius hatte bereits am Sonntag eine Blockade dementiert. In seinem Ministerium sei ein neues Hilfspaket für die Ukraine vorbereitet worden, sagte er gegenüber dem Tagesspiegel. Sobald alle Fragen geklärt seien, rechne er mit einem entsprechenden Beschluss.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten G. aus Berlin (14. Januar 2025 um 13:17 Uhr)Ich hätte da mal eine Idee! Wie wäre es, wenn alle Abgeordneten und Minister der regierenden Parteien (FDP eingeschlossen), sowie die Abgeordneten der CDU, die für Kriegshilfe an die Ukraine sind, mindestens die Hälfte ihrer Diäten und die kompletten Nebeneinkünfte dafür spenden? Man könnte das noch weiter treiben und »Spenden« von den Parteimitgliedern einfordern. Wäre doch mal interessant, wie weit ihr Unterstützungswille geht. Wie glaubhaft sie sind. Bis jetzt zahlt ja nur der Normalverbraucher, ob er will oder nicht. Kann das nicht mal einer im Bundestag vorschlagen?
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Leserbrief von Onlineabonnent/in André M. aus Berlin (14. Januar 2025 um 13:16 Uhr)Ehemals Henschel Kassel: Tiger und Co. auf Ostlandritt … was für Kontinuitäten!
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