Matratzen
Von Helmut HögeWieso gibt es so viele Ma-tratzengeschäfte? Man kauft sich doch nicht andauernd eine neue Matratze. Nein, sagt der Marktkenner, aber es lassen sich damit große Gewinne machen. Die Läden heißen Matratzen Concord oder Dänisches Bettenlager. In Dänemark heißt die Handelskette Jysk. 2017 gab es laut Wikipedia in 48 Ländern 2.529 Jysk-Ladengeschäfte. Lars Larsen, »milliardenschwerer Gründer und Inhaber des Mutterkonzerns Jysk, wird in Dänemark bewundert und geliebt. Sie nennen ihn den Daunenkönig«, heißt es auf ndr.de in einem Bericht über eine Jysk-Verkäuferin, die in die Gewerkschaft eintrat und den ihr zustehenden Tariflohn forderte: »Ich hab’ damit ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen. Von da an war ich ein Rebellin, eine Abtrünnige«, berichtet Dana P. Sie musste den Tariflohn vor Gericht einklagen. Plötzlich wurde sie mit Abmahnungen überzogen, bald folgte die Kündigung. Nicht weil sie Tariflohn gefordert hat, sondern unter anderem wegen der »Verletzung von Arbeitspflichten«.
Einige Journalisten sprachen mit Jysk-Mitarbeitern in Polen: Sie verdienen monatlich nicht mehr als 400 Euro. »Davon könne man keine Familie ernähren, erklären sie. Die einst so stolze Solidarność-Gewerkschaft fühlt sich dem Arbeitgeber Jysk gegenüber machtlos. Gewerkschafter erhalten Hausverbot, Solidarność-Mitglieder fürchten um ihre Jobs.«
Matratzen Concord war mal ein holländisches Unternehmen und hieß Beter Bed (Bessere Betten), in den deutschsprachigen Ländern gab es 849 Filialen. Dann wurde der »Fachdiscounter für Schlafmatratzen« an den chinesischen Finanzinvestor Magical Honour verkauft – zwölf Filialen schlossen. Grund für den Verkauf waren die sinkenden Umsätze und anhaltend schlechte Geschäfte. Die Filialen prägen bis heute das Stadtbild der meisten (mittel-)großen deutschen Städte, liegen an Straßenecken, in den Schaufenstern hängen Banner in schrillen Farben, die »Minus 70 Prozent« und »Lagerschlussverkauf« versprechen, weiß man auf businessinsider.de. Das digitale Wirtschaftsmagazin wollte mehr über die Bettenbranche wissen und schickte einen Mitarbeiter los, der dann eine Concorde-Verkäuferin fragte, warum es so viele Filialen gibt. Sie sagte: »Wissen Sie, wir fragen uns selbst manchmal, warum es so viele Filialen gibt. Ich weiß es nicht. Echt nicht.«
Die Verkäufer würden aber sowieso nicht wirklich etwas davon mitbekommen, wie sich das Unternehmen organisiert: »Das läuft alles über Köln und den Computer« – und sei, so zitiert sie businessinsider.de, »absolut unberechenbar«. Genau wie die tägliche Zahl an Kunden. »Manchmal ist der Laden hier den ganzen Tag leer, und dann kommen am Abend drei Pärchen auf einmal.«
Es gibt einen Fachverband der Matratzenindustrie und sogar einen Interessenverband für Wasserbetten. Der Reporter sprach mit dem Geschäftsführer des Fachverbands, der ihm die Grundlagen des Matratzengeschäfts erklären sollte. »Denn so oft braucht man doch gar keine Matratze, oder?« – Antwort: »Die empfohlene Nutzungsdauer beträgt zwischen sieben und zehn Jahren. Das hat in erster Linie hygienische Gründe, denn nach zehn Jahren ist eine Matratze etwa vier Kilo schwerer als im Neuzustand – das entspricht etwa dem Gewicht einer Hauskatze!« Das Extragewicht komme durch Staub zustande, in dem sich Milben, deren Kot, Schimmelsporen und weitere Ablagerungen finden ließen. Aus hygienischen Gründen solle man deshalb darauf achten, seine Matratze oft genug zu wechseln. Die tatsächliche Nutzdauer von Matratzen betrage aber dreizehn bis vierzehn Jahre.
Der Mitarbeiter von businessinsider.de recherchierte noch eine Weile weiter und fragte sich dann: »Was wissen wir jetzt eigentlich? Wir wissen, dass die Deutschen ihre Matratzen zu selten wechseln. Wir wissen auch, dass Matratzen Concord neue Standorte sucht, obwohl das Geschäft schrumpft.« Nicht zuletzt, weil immer mehr Leute ihre Matratze im Internet kaufen.
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