Umkämpftes Gut
Von Wolfgang PomrehnOhne Wasser geht gar nichts. Zweieinhalb Liter müssen wir täglich in der einen oder anderen Form zu uns nehmen, und auch in der Landwirtschaft ist es unverzichtbar. Zwar sind etwas über 70 Prozent der Erde von tiefen Ozeanen bedeckt. Doch Menschen, Tiere und Pflanzen brauchen Süßwasser, das im Vergleich zum Meerwasser rar ist und zudem oft noch durch Abwässer, Mikroplastik oder Düngemittelabfluss von den Feldern verschmutzt.
Wasser ist daher ein Politikum. Es wird schnell knapp – selbst hierzulande, wie die Dürrejahre 2018 und folgende gezeigt haben –, und mit knappen Gütern lassen sich gut Profite machen. In vielen Ländern gibt es deshalb Auseinandersetzungen um die Verfügungsgewalt über die Süßwasserressourcen. So zum Beispiel im hochverschuldeten Griechenland, dessen Notlage die auf Vorschlag der Regierung Merkel geschaffene Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission nutzte, um die Privatisierung der Wasserwerke Thessalonikis zu erzwingen. Hartnäckiger Widerstand der Bevölkerung und der Beschäftigten sorgte schließlich 2023 nach zwölf Jahren Kampf für die Rekommunalisierung. Auch in Berlin konnte per Volksentscheid 2011 die Offenlegung von Privatisierungsverträgen und damit letztlich der Rückzug der Konzerne erzwungen werden. Doch der Streit ums Wasser geht weiter. Vor den Toren Berlins, in Grünau, provoziert der immer größer werdende Wasserdurst des Tesla-Werks von Multimilliardär Elon Musk den Widerstand der Umweltschützer, Anwohner und Kommunalpolitik.
Passend dazu hat gerade der Bund für Umwelt- und Naturschutz gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung den »Wasseratlas 2025« veröffentlicht, der einen Überblick über die Probleme, Gefahren und Konflikte rund ums Wasser gibt, dessen besondere Rolle für das Klima anspricht und auch auf Lösungsansätze hinweist. Der Kampf ums Wasser reicht weit zurück. Die Autorinnen und Autoren des Atlas zählen seit dem Jahr 2.400 vor Beginn der Zeitrechnung fast 1.300 dokumentierte Konflikte auf und erwähnen einige aktuelle aus dem Jahr 2023. Zum Beispiel die Bombardierung eines Staudamms im Donezk während des Ukraine-Kriegs oder bewaffnete Auseinandersetzungen um Wasser zwischen Bauern und Hirten in Kamerun. Aktuell, so kann man an dieser Stelle ergänzen, greifen von der Türkei unterstützte und ausgerüstete Dschihadisten den Tişrîn-Staudamm in Nordsyrien an. Besonders konfliktträchtig sind grenzüberschreitende Flüsse an deren Oberlauf Staudämme gebaut werden, wie es die Türkei zum Beispiel am Euphrat oder Äthiopien am Blauen Nil macht oder wie es China mit den im Dezember beschlossenen Plänen für das mit Abstand größte Stauwerk der Welt am Yarlung Zangbo vorhat, der als Brahmaputra nach Indien und Bangladesch fließt.
Geht es beim Staudammbau meist um Umsiedlungen und die Kontrolle über das Wasser der Flüsse, so ist der Bergbau in vielen Ländern ein anderer Konfliktherd. Im Amazonasbecken vergiften über 450 kleine, illegale Schürfplätze mit dem für das Auswaschen des Goldes verwendeten Quecksilber das Wasser der Flüsse. Nicht weit davon entfernt, in Chile, verschlingt der Kupferabbau kostbares Trinkwasser in einer der trockensten Ecken des Planeten und hat bereits zwei große Gletscher in den benachbarten Anden fast vollständig verschwinden lassen. Das Kupfer wird wie Gold und andere Metalle mit Chemikalien aus dem Gestein gelöst. Zurück bleiben oft große Teiche giftigen Schlamms, deren Dämme immer wieder einmal brechen und sich in benachbarte Flüsse ergießen. 2014 geschah das zum Beispiel am Río Bacanuchi in Mexiko, wo rund 40.000 Kubikmeter Schwefelsäure einer Kupfermine ausliefen.
In Brandenburg hat man ebenfalls mit Schwefelsäure, aber vor allem mit Sulfaten und Eisenocker zu kämpfen, die mit dem Wasser der noch aktiven Tagebaue in die Spree gelangen. Zwischen 50 und 130 Millionen Kubikmeter Grundwasser werden jährlich aus den Tagebauen abgepumpt, so der Wasseratlas. Für die Lausitz bedeutet dies ein Grundwasserdefizit von schätzungsweise sechs Milliarden Kubikmetern. Für die Spree hingegen, aus der sich Berlin und Frankfurt (Oder) versorgen, einen künstlich erhöhten Stand. Wenn die Tagebaue in den nächsten Jahren stillgelegt werden und kein Wasser mehr abgepumpt wird, könnte das kostbare Nass aufgrund der folgenden Stauseebildung knapp werden. Zumal dort auch Tesla – nach Angaben der örtlichen Bürgerinitiative – mehr als drei Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr verbraucht oder zumindest Anspruch darauf erhebt. Außerdem sind die geplanten oder bereits eingerichteten Seen in den aufgelassenen Gruben eine zusätzliche Belastung für den Wasserstand der Spree. Sie sorgen nämlich für größere Verdunstungsflächen, so dass besonders in den heißen Sommermonaten weniger Wasser die Spree hinabfließen wird.
Was also tun? Neben mehr Effizienz bei der Verwendung und besserer Klärung bedarf es auch diverser Maßnahmen, um das Wasser in der Landschaft zu halten, die zunehmenden Starkniederschläge aufzufangen, Flutschäden zu vermeiden und gleichzeitig die Versorgung zu sichern. Stichworte sind sogenannte Schwammstädte mit vielen Versickerungsflächen oder wiedervernässte Moore, die zudem wichtige Kohlenstoffspeicher sind und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Viel zu tun also, nicht zuletzt auch hinsichtlich der Anpassung an den Klimawandel. Letztlich ist die Frage nach der Verfügbarkeit von Wasser auch eine Verteilungsfrage, denn die Ressource Wasser ist in Zeiten neoliberaler Steuergeschenke und Hochrüstung nicht leicht zu haben.
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