Bannon wütet wieder
Von Knut Mellenthin
In Donald Trumps »Team«, in Wirklichkeit eine Mischung aus Hofstaat und Intrigantenstadl, wird schon vor Beginn seiner zweiten Amtszeit am 20. Januar ein scharfer öffentlicher Konflikt ausgetragen. Anführer der Unruhestifter ist Steve Bannon, der 2017 acht Monate lang eine beispiellose Sonderstellung als Trumps »Chefstratege« – ein eigens für ihn geschaffener neuer Titel – genoss. Im Januar 2018 in Ungnade gefallen, nachdem er Trumps Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner schwerstens beleidigt hatte, scheint Bannon wieder mitspielen zu wollen.
Sein erster Angriff gilt dem reichsten Mann der Welt, Elon Musk, der sich nach Trumps Wahlsieg fast lauter und schriller profiliert als dieser selbst. Musk spiele viele Rollen in der Umgebung des nächsten Präsidenten der USA, hieß es am 30. Dezember in der New York Times: Er sei mit mehr als einer Viertelmilliarde US-Dollar Trumps wichtigster Geldgeber, sein einflussreichster Förderer auf Social Media und sein zentraler Berater zu politischen Themen und in Personalfragen. Er habe jederzeit Zutritt zum Präsidenten in spe, nehme an persönlichen Treffen in dessen Residenz Mar-a-Lago teil, sitze neben Trump bei Telefongesprächen mit maßgeblichen ausländischen Politikern und verbringe viele Stunden mit ihm. Der Techmilliardär werde wahrscheinlich mehrere Büroräume im Weißen Haus beanspruchen, berichtete die New York Times am Montag. Trump beschwere sich, dass Musk ein bisschen viel in der Nähe sei, behauptet New York Times-Reporterin Maggie Haberman.
Bannon, der die Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden Mächtigen offenbar aufmerksam beobachtet, stichelt schon seit Dezember öffentlich gegen Musk. In einem Gespräch mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera, das diese am 8. Januar veröffentlichte, bezeichnete Bannon den Konkurrenten um Trumps Gunst als »wirklich bösartige Person«. Musk zu stoppen, sei für ihn »ein persönliches Anliegen« geworden. Früher sei er bereit gewesen, ihn zu tolerieren, weil er so viel Geld für Trumps Wahlkampf gespendet habe, »aber jetzt nicht mehr«. Er wolle dafür sorgen, dass Musk »noch vor der Amtseinführung davongejagt wird«. Einen sogenannten blauen Ausweis, der zum uneingeschränkten Betreten des Weißen Hauses berechtigt, werde Musk nicht erhalten.
Für jemand, der gegenwärtig kein offizielles Amt hat und zu Trump seit dem Bruch Anfang 2018 in keiner sichtbaren Beziehung steht, schlägt Bannon sehr anmaßende Töne an. Um so bemerkenswerter ist, dass Trump ihn nicht öffentlich zurechtweist, auch wenn er Musk in der aktuellen Streitfrage offenbar Recht gibt: Er stimmt ihm zu, dass die Vergabe von H-1B-Sondervisen für »hochspezialisierte und besonders talentierte« Ausländer, die zeitweise in den USA arbeiten wollen, sinnvoll sei. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump gegen diese Möglichkeit gewettert und sie abgeschafft.
76 Prozent der Ingenieure im Silicon Valley seien »keine Amerikaner«, klagte Bannon im Gespräch mit dem Corriere della Sera. »Schwarze und hispanische« US-Bürger hätten zu diesen Arbeitsplätzen keinen Zugang, gab er sich besorgt um deren Rechte und Chancen. Gutbezahlte US-Beschäftigte würden abgelöst durch »ausländische Vertragsknechte«. Weiße Südafrikaner wie Musk, Peter Thiel und David Sacks – zwei andere Milliardäre, wobei Thiel in Wirklichkeit deutscher Herkunft ist – seien »die schlimmsten Rassisten der Welt« und sollten »dorthin zurückgehen«.
Bannons Privatvermögen wird auf mehrere Millionen US-Dollar geschätzt. Grundlage dafür ist hauptsächlich seine Tätigkeit als zunächst angestellter, dann selbstständiger Investmentbanker in den 1980er und 1990er Jahren. Er kommt jedoch aus »einfachen Familienverhältnissen« mit werktätigem Hintergrund und bedient sich einer arbeitertümelnden, radikalen Sozialdemagogie im Stil des italienischen Faschismus und der deutschen Nazizeit. Von seiner Verehrung für den »Duce« Benito Mussolini sprach er zumindest noch vor wenigen Jahren ganz ungeniert.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Wikimedia Commons09.11.2024
The Golden Age of America
- Landmark Media/IMAGO22.10.2024
Der nützliche Idiot
- Jane Rosenberg/REUTERS06.04.2023
Der Staat ist er
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
NATO macht Ostsee zu ihrem Meer
vom 15.01.2025 -
Schlag gegen Opposition
vom 15.01.2025 -
Deal noch immer in »Reichweite«
vom 15.01.2025 -
Hass gegen Muslime in Indien
vom 15.01.2025 -
In den Tod gejagt
vom 15.01.2025 -
Noch nicht das Ende
vom 15.01.2025 -
Miliz im Hintertreffen
vom 15.01.2025 -
»Korruption war ein entscheidender Faktor«
vom 15.01.2025