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Aus: Ausgabe vom 15.01.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Bergbaupleite

Krankes Herz aus Stahl

Südaustralische Stadt Whyalla abhängig von verschuldetem Großbetrieb
Von Thomas Berger
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Eingerostet: Die Whyalla Steelworks stehen vor dem endgültigen Aus

Whyalla zählt zu den traditionsreichsten Industriestädten Down Unders. Bald könnten dort jedoch die Lichter ausgehen. Es gehört zu den Besonderheiten Australiens, dass viele Orte auf der riesigen Landmasse überwiegend von einer Wirtschaftssparte, wenn nicht einem einzigen Betrieb abhängig sind. Gerät die Sparte in eine Schieflage oder schließt der Betrieb, kann das den Niedergang ganzer Regionen nach sich ziehen. Oft sind es Krisen des Bergbaus, des wirtschaftlichen Rückgrats Australiens. So ist es auch in Whyalla; ein Stahlwerk und die zugehörige Eisenerzmine bilden zusammen Whyalla Steelworks. Betrieben wird Whyalla Steelworks von der verschuldeten Bergbaukette Gupta Family Group (GFG) Alliance. In der drittgrößten Stadt Südaustraliens leben rund 21.000 Menschen, die das Aus des Traditionsbetriebes fürchten.

Der Industriestandort, an dem als letzter Ort in Australien Eisenbahnschienen hergestellt werden, ist so alt wie das eigenständige Australien selbst: Als die frühere britische Kolonie 1901 unabhängig wurde, wurde die Stadt zunächst unter dem Namen Hummock Hill gegründet. Seit 1920 trägt sie ihren heutigen Namen. In den 1970ern lebten dort noch 30.000 Menschen. Die meisten arbeiteten bei einer der größten Werften Australiens oder in der Kokerei. Dass bis heute die Einwohnerzahl um ein Drittel geschrumpft ist, ist Ausdruck des andauernden Niedergangs der Stadt. 2016 gerieten auch die Stahlwerke in die Krise. Als diese überstanden war, keimte neue Hoffnung auf bei der Belegschaft, den abhängigen Betrieben ringsum, in der ganzen Stadt. Doch jetzt sehen Stahlwerk, Beschäftigte und Region sich einmal mehr mit existenzbedrohenden Problemen konfrontiert.

Zunächst hatte GFG Alliance zum Imperium des australischen Bergbaugiganten BHP Billiton gehört. Vor sieben Jahren dann, in der vorigen Krise, übernahm der britische Magnat Sanjeev Gupta. Der indischstämmige Geschäftsmann galt samt seiner GFG damals als »Retter des Stahls«, wie der Guardian Anfang November erinnerte. Viele Erwartungen waren an die Übernahme geknüpft. Das Ruder sollte herumgerissen und der Traditionsbetrieb dank Investitionen zur nachhaltigen, »grünen Stahlfabrik« transformiert werden. Auch im Zeitalter notwendiger Dekarbonisierung von Produktionsprozessen sollte Whyalla Steelworks eine weitere Daseinsberechtigung haben. Neben enttäuschten Erwartungen blieb davon nicht viel übrig, lautet die kritische Bestandsaufnahme.

Die öffentlich-rechtliche ABC widmete der neuen Whyalla-Krise am Dienstag (Ortszeit) einen umfassenden Hintergrundbeitrag. Die Reporter sprachen dazu unter anderem mit gestandenen Stahlwerkern. Viele von ihnen haben ihr gesamtes Berufsleben, mehr als 40 Jahre, in diesem einen Betrieb zugebracht. Dienstleister der Partnerfirma berichteten nun aber, dass ihnen die Aufträge wegbrechen würden oder sogar schon Außenstände vorlägen, bei denen völlig unklar sei, ob sie noch bezahlt werden würden. Allein bei vier mittelgroßen Zulieferern im Bundesstaat New South Wales in Sydney und Newcastle stünde Guptas GFG mit 684.000 Australischen Dollar (AUD), also rund 430.000 Euro, in der Kreide, schrieb schon im November die Financial Review. Dennoch hätte Infrabuild, die australische Stahltochter der GFG, noch im dritten Quartal 2024 fast 29 Millionen AUD an die Muttergesellschaft Liberty Holdings Australia abgeführt. Die Zeitungsgruppe rund um The Australian bezifferte die täglichen Verluste des Betriebes sogar auf stolze eine Million AUD.

Die Stadt kämpfe samt dem sie prägenden Werk um ihr Überleben, konstatierte ABC. Ob das industrielle Herz weiter schlagen wird, hänge in der Schwebe. Der Stellenabbau war schon vorher immens. »Als ich 1979 anfing, waren wir 6.500 Leute. Heute sind es weniger als 1.100«, wird der Stahlwerker Marty Hilton zitiert. Nun zittern auch die restlichen Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz und damit die gesamte Region um ihre Existenz.

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