Geographie
Von Andreas MüllerStuttgart ist nicht Chemnitz und Polen nicht Russland oder Norwegen. Eine banale Feststellung, möchte man meinen, doch sportpolitisch und dopingtechnisch ist es der Unterschied ums Ganze. Nachdem Tabea Alt und weitere ehemalige Turnerinnen jüngst offenbarten, was sie jahrelang an Ungeheuerlichkeiten am Bundesstützpunkt in Stuttgart zu ertragen hatten und wie junge Sportlerinnen dort regelrecht gequält wurden, denkt man unwillkürlich an Sachsen. In Chemnitz genügte es, dass einer Trainerin von früheren Athletinnen im wesentlichen ein allzu rüder Umgangston vorgeworfen wurde, um diese Verfehlungen zügig mit einer Kündigung zu ahnden. In Stuttgart sind die vehementen Missbrauchsvorwürfe seit vier Jahren bekannt, ohne dass sich jemand darum gekümmert hätte oder gar arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen wurden.
Unterschiedliche Ellen, wohin man blickt. Die Polin Iga Świątek und der Italiener Jannik Sinner schlagen derzeit bei den Australian Open auf, als hätte es ihre positiven Dopingtests im vorigen Jahr nicht gegeben. Bei der Weltranglistenzweiten im Tennis wurde das Herzmittel Trimetazidin nachgewiesen. Zwei Milliardstel davon hatten die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Beijing zum Zentrum eines riesigen Skandals gemacht, sie anschließend für vier Jahre aus dem Verkehr gezogen und damit vermutlich ihre Kufenkarriere beendet. Der aktuelle Tennisprimus aus Südtirol wurde im vorigen März sogar gleich zweimal binnen acht Tagen mit Clostebol erwischt. Der norwegischen Skilangläuferin Therese Johaug hatte ein einziger Positivtest auf genau dieses verbotene Steroid vor sechs Jahren 13 Monate Sperre eingebrockt.
Der nordische Skisport ist eben nicht Tennis. Im »weißen Hochkommerzsport« ist nicht die internationale Antidopingagentur (Wada) für die Kontrollen zuständig, wie es gerechterweise sein sollte, sondern die International Tennis Integrity Agency (ITIA). Es ist eine Privatorganisation, die nach eigenen Kriterien arbeitet und bei Świątek und Sinner die erstaunte Öffentlichkeit erst dann über die Verstöße informierte, als intern schon alles milde geregelt war. Eine Agentur mit sehr privaten, willkürlichen, undurchschaubaren Spielregeln. Darin nah verwandt dem Deutschen Turnerbund (DTB), der von den schlimmen Stuttgarter Zuständen über Jahre nichts gewusst haben wollte und wegschaute bzw. immer nur auf Chemnitz.
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