Günstiger als die Schließung
Von Susanne Knütter
Die Zukunft der VW-Werke in Osnabrück und Dresden ist ungewiss, auch wenn die IG Metall Schließungspläne zunächst abgewehrt hat. Nun gibt es Gerüchte über mögliche Interessenten für die Standorte. Am Donnerstag zitierte Reuters einen Insider, nach dessen Einschätzung chinesische Unternehmen an den »womöglich überzähligen« Werken interessiert sein könnten. Als Käufer kommen sowohl private als auch staatliche chinesische Unternehmen aus dem Automobilsektor in Frage, auch Gemeinschaftsunternehmen mit ausländischen Firmen seien denkbar, sagte der Insider. Beijing warte aber das Ergebnis der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar ab. Denn ein solcher Schritt sei nur dann möglich, wenn Politiker und Gewerkschaften in Deutschland ihn befürworteten, betonte der Insider. China hoffe, dass eine Investition in Deutschland für chinesische Unternehmen genauso möglich sei wie umgekehrt, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums.
VW wollte »solche Spekulationen« laut Reuters nicht kommentieren. Der Autobauer setze sich für eine Weiternutzung des Standorts Osnabrück ein, nachdem die Produktion des einzigen dort hergestellten Fahrzeugs, des T-Roc-Cabriolet, 2027 auslaufen wird. »Ziel muss eine tragfähige Lösung sein, die die Interessen von Unternehmen und Beschäftigten berücksichtigt«, sagte ein VW-Sprecher. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der im VW-Aufsichtsrat sitzt, wollte sich nicht äußern. Eine mit dem Konzern vertraute Person sagte gegenüber Reuters, VW hätte nichts grundsätzlich gegen einen chinesischen Käufer. Nach Einschätzung eines Bankers könnte ein Verkauf einige hundert Millionen Euro einbringen. Das wär für VW günstiger als eine Schließung.
Auch Stephan Soldanski von der IG Metall in Osnabrück erklärte, die Belegschaft habe nichts dagegen, künftig chinesische Autos für einen Joint-Venture-Partner von VW zu bauen. Das Unternehmen arbeitet in China mit SAIC, FAW und Xpeng zusammen. »Ich könnte mir vorstellen, dass VW für einen chinesischen Betreiber hier am Standort etwas in Auftragsfertigung produziert«, sagte er. VW Osnabrück arbeitete früher schon für verschiedene Marken. Voraussetzung sei, dass die Rahmenbedingungen passen. »An dem großen Lackierturm muss weiterhin das VW-Logo leuchten, und im Werk müssen VW-Bedingungen herrschen«, so Soldanski.
Die Autobranche in Europa und Nordamerika kämpft mit Überkapazitäten. Marktbeobachter gehen davon aus, dass chinesische Marken Werke kaufen könnten. Derzeit suchen einige chinesische Elektroautobauer nach Produktionsstätten in Europa, um den Strafzöllen der Europäischen Union auf importierte E-Autos aus China zu entgehen. Bislang entstehen neue Werke vor allem in Süd- und Osteuropa: Dort sind die Arbeitskosten niedriger, Gewerkschaften haben weniger Einfluss. BYD hatte aber auch bereits Interesse an dem Ford-Werk in Saarlouis bekundet, aber der Verkauf scheiterte. Im November hatte Reuters unter Berufung auf Insider berichtet, dass Leapmotor eine Fertigung in der Bundesrepublik erwäge.
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