Letzte Worte
Von Felix Bartels
Wenn er auch sonst nichts kann, Sorgen haben kann er. Wenige Tage vor seinem Abschied warnte Joe Biden vor dem, was da kommen werde. Mindestens eine Transformation von einer Demokratie in eine Oligarchie, vollzogen durch die Trump-Administration, innerhalb der eine Gruppe »extrem reicher Menschen« die höchsten politischen Gewalten in ihren wenigen Händen konzentriert.
Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wie sah es denn mit der Machtkonzentration in der Biden-Periode aus? Im »Russia Gate« wurden FBI und Justizbehörde gegen Trump in die Spur geschickt, obgleich ziemlich bald klar war, dass bei allem, was man Trump sonst vorwerfen konnte, nichts an der Sache war. Unvergessen auch die Begnadigung des zu Recht verurteilten Hunter Biden durch seinen Vater, der in ihm nach bester Trump-Rhetorik ein Opfer der Justiz sieht. Nicht nur Paviane offenbar schreien ihr Spiegelbild an.
Einen kleinen Punkt hat Biden allerdings. Inbetreff der unverhohlen interessierten Besetzung höchster Ämter in der künftigen Regierung. Eine zweistellige Anzahl milliardenschwerer CEOs aus dem Industriesektor und der Finanzwelt wird in den nächsten vier Jahren Ministerien, Behörden und Stäbe im Weißen Haus leiten. Das ist tatsächlich neu, doch irgendwie auch ehrlich, weil es einen ohnehin bestehenden Zustand greifbar macht. Im Zeitalter des Imperialismus, in dem das Kapital seine Monopolstruktur erreicht hat, sind die Voraussetzungen für eine Herrschaft der Bourgeoisie gegeben. Der Staatsapparat kann nie ganz besessen werden, es bedarf vermittelnder Verfahren, des Lobbyismus vor allem. Oder eben einer direkt personellen Besetzung höchster Staatsämter durch Akteure des Kapitals. Biden agiert nur in Nuancen anders, der Sport ist derselbe. Wer im Steinhaus sitzt, sollte nicht mit Gläsern werfen.
Robert Michels schrieb 1911, dass jeder Staat, gleich welcher Form oder Zwecksetzung, auf eine Oligokratie hinauslaufe, an den Spitzen und innerhalb seines Apparats vernetzten sich Eliten. Jede Einrichtung bewegt sich im Widerspruch zwischen ihrem Körper und dem von ihr vertretenen Zweck. Das ist unter Biden nicht anders als unter Trump. Der »Deep State« ist keine Erfindung der Rechten. Biden leugnet, dass es ihn gibt. Trump gibt vor, ihn abschaffen zu wollen. Nutzen wollen ihn beide, nur mit unterschiedlichem Personal.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Michael M. aus Berlin (18. Januar 2025 um 17:49 Uhr)»Wer im Steinhaus sitzt, sollte nicht mit Gläsern werfen.« Warum denn nicht? Das scheppert doch so schön!
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (17. Januar 2025 um 20:35 Uhr)Nein, nicht in die Oligarchie, in die Plutokratie! Die US-amerikanischen Weltraumflieger heißen ja auch nicht Kosmonauten.
Mehr aus: Feuilleton
-
Herrscher über Leben und Tod
vom 17.01.2025 -
Unter Umständen, durchaus
vom 17.01.2025 -
Gesundheit!
vom 17.01.2025 -
Die Widersprüchlichkeit der Arbeit
vom 17.01.2025 -
Nachschlag: Tödliche Fehlplanung
vom 17.01.2025 -
Vorschlag
vom 17.01.2025