Eine Frau, ein Wort
Von Carmela Negrete
Die neue und erste Präsidentin Mexikos, Claudia Sheinbaum (62), verfolgt ganz deutlich eine feministische Politik. Die Doktorin der Physik, Energieexpertin, Mutter und Oma, die seit Oktober das mittelamerikanische Land regiert, hat mehrere gesetzliche Vorschläge auf den Weg gebracht, um die Rechte der Frauen zu garantieren. Bereits an ihrem ersten Tag im Amt unterzeichnete sie einen Gesetzentwurf, um mehrere Artikel der Verfassung zu ändern und damit benachteiligte Frauen zu unterstützen.
Sheinbaum nutzt für die Vorstellung ihrer feministischen Vorhaben die sogenannten Mañaneras del Pueblo (Morgen des Volkes), etabliert von ihrem Vorgänger Andrés Manuel López Obrador. Auf diesen Pressekonferenzen stellen die Regierung und Experten mehrmals pro Woche Neuheiten und Gesetze vor, und die Präsidentin steht den Journalisten Rede und Antwort. Die Mañanera vom 3. Oktober veranstaltete sie – nur zwei Tage nachdem sie ins Amt gekommen war – allein mit Frauen und kündigte eine Reform an, die Frauen ein Leben ohne Gewalt und gleiche Bezahlung garantieren soll. Mitte November traten die Verfassungsänderungen in Kraft. »Frauen stehen jetzt in der Verfassung, unsere Rechte sind garantiert«, erklärte Sheinbaum. Zu den wichtigsten Änderungen gehören die Verankerung des Rechts auf materielle Gleichstellung in Artikel 4, Geschlechterparität in der Bundes- und Staatsverwaltung und die Änderung der Artikel 21 und 116, die Maßnahmen für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt beinhalten.
Zudem hat die mexikanische Regierung 2025 zum »Jahr der indigenen Frauen« erklärt. Ihre Geschichte und Institutionen sollen besser bekannt gemacht und respektiert werden. Aber auch die materielle Basis soll gestärkt werden. Mit dem Programm »Finanzielle Unterstützung für indigene und afromexikanische Kunsthandwerkerinnen« werden individuelle Kredite von bis zu 50.000 Pesos (rund 2.350 Euro) und kollektive Kredite von bis zu 300.000 Pesos vergeben. Insgesamt werden dafür 500 Millionen Pesos bereitgestellt. Jeden Donnerstag spricht Sheinbaum auf ihrer Konferenz über eine bekannte Frau der Geschichte Mexikos. Am 10. Januar stellte sie das Leben der sogenannten Roten Königin von Palenque vor und legte dar, wie die Mayafrauen sich bereits vor mehr als 2.000 Jahren aktiv an der Politik beteiligten.
Auch ältere Frauen, die meist viel Carearbeit in ihrem Leben geleistet haben, bekommen nun Hilfe. Seit dem 1. Januar erhalten Frauen und Männer im Alter zwischen 60 und 64 Jahren, die oft keiner Arbeit mehr nachgehen, aber auch noch nicht in Rente sind, mit dem Programm »Pensión Bienestar« eine Unterstützung von 2.000 Pesos alle zwei Monate. Insbesondere Frauen auf dem Land und auch viele indigene Frauen, die schwer gearbeitet und noch nicht das Rentenalter von 65 erreicht haben, können somit ihr Leben etwas würdevoller gestalten. Diese finanzielle Hilfe wird durch die 2019 von López Obrador geschaffene Banco del Bienestar (Wohlfahrtsbank) bereitgestellt, die es insbesondere den am stärksten benachteiligten Gemeinschaften ermöglicht, eine Finanzierung zu erhalten.
Als eines der ersten praktischen Vorhaben hat die Regierung den Bau und die Inbetriebnahme von zwölf Kindergärten in Ciudad Juárez an der Grenze zu den USA angekündigt. »Meine Kinder wurden mit viel Liebe und Fürsorge in der öffentlichen Kita des mexikanischen Instituts für soziale Sicherheit betreut«, erklärte die Präsidentin bei der Ankündigung am Donnerstag. Doch nicht alle Frauen haben diese Möglichkeit in Mexiko, und sie will das ändern. Sheinbaum stellte aber auch klar, dass dies kein neues Geschäftsfeld sein werde »wie damals in den neoliberalen Zeiten«, vielmehr werden diese Zentren öffentlich und kostenlos sein.
Das Programm soll in Ciudad Juárez starten, doch das Ziel ist, diese Zentren im ganzen Land zu etablieren. Die Grundsteinlegung ist für den 30. April, den Tag des Kindes, anvisiert. Die Grenzstadt mit 2,5 Millionen Einwohnern ist einer der gefährlichsten Orte für Frauen in Mexiko. Allein 2024 wurden dort 131 Femizide verübt.
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