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Aus: Ausgabe vom 18.01.2025, Seite 8 / Ansichten

Volksfront in Auflösung

Von Hansgeorg Hermann
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Prinzipientreu: Mathilde Panot von La France insoumise, die gemeinsam mit Kommunisten und Ökologen das Misstrauensvotum beantragte (Paris, 14.1.2025)

Neue Volksfront, das klang gut und versprach Hoffnung: Vier linke Partner in Frankreich, die am 7. Juli die Parlamentswahlen gewannen, nicht aber die Regierungsmehrheit, und Jean-Luc Mélenchon, mit seiner Partei La France insoumise (LFI) Gründer des Bündnisses – das hätte Widerstand gegen den in Frankreich allmächtigen Präsidenten bedeuten können und sogar politische Zukunft in einer weniger korrupten VI. Republik. Mit dabei die Kommunisten, die erstaunlich konsequenten Ökologen, so völlig anders gestrickt als die »grünen« Waffenschieber der Berliner Ampelkoalition. Und: die Sozialdemokraten des Parti Socialiste (PS), der mit Sozialismus nie etwas am Hut hatte.

Das erste Ziel der Volksfront – daran hielten die PS-Strategen auch am Donnerstag fest, als sie beim Misstrauensvotum nicht gegen den neuen Premier François Bayrou stimmten – sei die Verhinderung einer absoluten Mehrheit des ultrarechten Rassemblement National (RN) gewesen. Ziel erreicht – viel mehr geht offenbar nicht in dem längst schwindsüchtigen Bündnis. Dabei war das Misstrauensvotum gegen Emmanuel Macrons derzeitigen Regierungschef von LFI, Ökologen und Kommunisten eingebracht worden. Lieber schluckten die Sozialisten ein paar Brocken, die Bayrou, Macron im Nacken, ihnen hinwarf. Die Aussicht etwa, die von der Bevölkerung nahezu unisono abgelehnte »Rentenreform« eventuell neu zu »bewerten«. Oder das Versprechen, nun doch keine 4.000 Lehrerstellen einzusparen – was kein Gewinn ist, sondern nur ein Festhalten am armseligen personellen Zustand des nationalen Bildungssystems.

Natürlich scheiterte das Misstrauensvotum, es hatte von vornherein keine Chance. Der LFI ging es ja nicht darum, den rechtsliberalen Bayrou in den Ruhestand zu schicken wie schon seinen rechtskatholischen Vorgänger Michel Barnier. Es ging darum, Macron bloßzustellen. Noch einmal und immer wieder ein Zeichen zu setzen gegen einen Präsidenten, der das Land erst in eine Gesellschaftskrise – Renten, Privatisierung, Kriege in Afrika, günstiges Steuersystem für Reiche – und mit der Auflösung des Parlaments am 9. Juni in die Staatskrise getrieben hat.

Ein von der gesamten Linken getragenes Misstrauensvotum, erfolglos oder nicht, hätte den linken Block, der nun keiner mehr ist, gestärkt. Und den Rassemblement National mit dem Rücken zur Wand gestellt. Das rechtslastige Altenteil des PS – zu nennen wären Expräsident François Hollande und der Senator Patrick Kanner – hat die Partei mit Hochdruck mal wieder dort eingeordnet, wo Sozialdemokraten halt schon immer zu finden waren: im Ungefähren.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (18. Januar 2025 um 12:07 Uhr)
    Der anhaltende Mangel an Konsens über die Staats- und Regierungsform bringt Frankreich immer wieder an den Rand einer Krise. Diese wird nun durch eine zunehmende soziale Spaltung weiter verschärft. Blockaden zwischen Präsident und Parlament sind vorprogrammiert. Macron hat es bisher nicht geschafft, jenseits wohlklingender Rhetorik die längst überfälligen Reformen anzustoßen oder gar grundlegende Veränderungen herbeizuführen. Das aktuelle politische Schauspiel Frankreichs mag in seiner Dramatik fast unterhaltsam erscheinen – wäre es nicht angesichts des dringenden Handlungsbedarfs schlichtweg grotesk.

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