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Aus: Ausgabe vom 20.01.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Deutz AG in der Zeitenwende

Motoren für Panzer statt Mähdrescher

Deutz AG sieht Absatzchancen in Rüstungsindustrie. Stellen werden trotzdem abgebaut
Von Gerrit Hoekman
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Neue lukrative Einsatzmöglichkeiten gesucht: Dieselmotor von Deutz

Der Kölner Motorenhersteller Deutz AG will bis Ende 2026 insgesamt 50 Millionen Euro an Sach- und Personalkosten einsparen. Deshalb müssen auch bis zu 200 Stellen dran glauben. Das kündigte Sebastian Schulte, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, am Sonnabend in einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger an. Der Konzern will sich »neu aufstellen« und schielt dabei auf die Rüstungsindustrie. Nicht von Entlassungen betroffen sind demnach die etwa 100 Beschäftigten des Werks in Köln-Kalk, das bis Ende 2026 abgewickelt wird. Sie sollen – soweit möglich – an anderen Standorten untergebracht werden. In Kalk werden Kurbelgehäuse hergestellt.

»Nach der Gewinnwarnung im Herbst war klar, dass wir noch mal an die Kosten gehen müssen. Und das, obwohl wir bereits frühzeitig unsere Kapazitäten angepasst (…) haben. Wir haben deshalb nicht nur mit Kurzarbeit auf die wirtschaftliche Lage reagiert, sondern damit begonnen, unsere Kosten nachhaltig zu senken«, erklärte Schulte. Vor allem die Abteilung Forschung und Entwicklung werde betroffen sein. »Wir müssen da ehrlich zu uns selbst sein. Vor allem, wenn es um den Verbrenner geht. Da stehen aktuell keine weiteren Entwicklungsaufgaben an.«

Im vergangenen Jahr hat die Deutz AG 140.000 Motoren verkauft. 2023 waren es noch 180.000. Auf den zurückgehenden Absatz reagierte das Kölner Unternehmen mit dem Abbau von rund 350 Arbeitsplätzen, indem nach Konzernangaben beispielsweise für altersbedingt ausscheidende Beschäftigte keine neuen eingestellt wurden. Bis zu 15 Millionen Euro wurden so eingespart – für die Chefetage bei weitem zu wenig.

»Unsere größten Kunden, die Hersteller von Bau- und Landmaschinen, durchleben wirtschaftlich schwierige Zeiten. Das bekommen dann auch wir deutlich zu spüren«, erklärt Schulte. Ganz anders die Rüstungsindustrie. Die boomt. »Hier können wir mit unserem Motorensortiment einen Beitrag leisten. Etwa für radgetriebene Panzerfahrzeuge«, freut sich Schulte. »Denkbar ist aber auch die Lieferung von Stromgeneratoren für die stationäre Versorgung von Lazaretten. Was wir genau machen, schauen wir uns mit einem eigens dafür eingesetzten Team systematisch an.« Die Anleger scheint es zu freuen – der Aktienwert hatte unlängst zugelegt, nachdem die Pläne bekannt wurden. Die anstehende militärische Aufrüstung der NATO verspricht schließlich satte Gewinne.

»Es gibt einen großen Bedarf in den NATO-Ländern. Viele osteuropäische Bündnispartner verfügen noch über Fahrzeuge aus sowjetischer Produktion, für die es keine Ersatzteile mehr gibt oder wenn, dann nur in Russland und damit nicht mehr verfügbar«. CEO Schulte hofft, dass die Deutz AG die Motoren dafür verkaufen kann. »In Polen etwa gibt es Tausende solcher Fahrzeuge, die perspektivisch neue und moderne Motoren benötigen. Das bietet großes Potential.« Deutz übernahm bereits den langjährigen Vertriebs- und Servicepartner in Polen BTH Fast, »mit dem wir jetzt erste Militärfahrzeuge mit Deutz-Motoren beliefern. Darüber hinaus schauen wir uns weitere interessante Optionen an. Oncilla heißt das Produkt, ein Fahrzeug, das Mannschaften, aber auch Waffen transportieren kann«, so Schulte. Oncilla-Shturm wird in der Ukraine hergestellt.

Das Gerücht, die Deutz AG habe neben Rheinmetall und der Bundesrepublik ein Angebot für den Kauf der Werften von Thyssen-Krupp abgegeben, wollte Schulte nicht kommentieren. »An Spekulationen beteiligen wir uns grundsätzlich nicht. Wir sollten uns immer als Unternehmen vor allem auf das konzentrieren, was wir selbst in der Hand haben.«

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