Schwere Vorwürfe gegen ELN
Von Julieta Daza, CaracasMindestens 60 Tote innerhalb weniger Tage: Das ist die vorläufige Bilanz der für Menschenrechte zuständigen kolumbianischen Institution »Defensoría del pueblo« vom Sonntag. Seit Mitte vergangener Woche gibt es in der Region El Catatumbo Kämpfe zwischen der Guerillaorganisation ELN (Nationale Befreiungsarmee) und dem Frente 33, der zu der Guerillagruppe EMBF gehört. Diese wiederum entstand aus der Abspaltung von der ehemaligen Guerilla FARC-EP (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee). El Catatumbo befindet sich im Norden des südamerikanischen Landes, an der Grenze zu Venezuela, und ist ein historisch vom sozialen und bewaffneten Konflikt stark betroffenes Gebiet.
Laut dem Bericht der Defensoría befinden sich unter den Getöteten sieben frühere FARC-Kämpfer, sowie Carmelo Guerrero, ein Aktivist der Bauernbewegung. Hunderte Familien hätten ihre Wohnorte verlassen müssen, um vor der Gewalt in die nächstgrößeren Städte zu fliehen. Auch indigene Gemeinden seien vertrieben worden. Etwa 250 Menschen seien ins Nachbarland Venezuela geflohen. Viele weitere Menschen konnten ihre Häuser aufgrund der Sicherheitslage nicht verlassen. Einige Dutzende Personen seien entführt worden. Arbeits- und Schultätigkeiten seien in der Region vorerst eingestellt worden. Nach Angaben William Villamizars, Gouverneur des Departamento Norte de Santander, in dem sich El Catatumbo befindet, handele es sich sogar um 80 Todesopfer. 5.000 Personen seien vertrieben und 20 verletzt worden.
Einer der Auslöser des Konflikts scheint die Ermordung einer Familie in Tibú gewesen zu sein. In einem am Freitag veröffentlichten Kommuniqué äußert die dortige Struktur der ELN jedoch, sie trüge keine Verantwortung für diese Tat, und bekundete ihre Solidarität und Mitgefühl mit der Familie, den Freunden und der Bevölkerung von Tibú. »Wir prangern gegenüber der Bevölkerung der Region an, dass die Tat von Mitgliedern der sogenannten 33. Front der ehemaligen FARC begangen wurde, und wir verpflichten uns, die Verantwortlichen für das Verbrechen zu finden«, hieß es.
Ungeachtet dessen brach Kolumbiens Präsident Gustavo Petro gleichentags die Friedensgespräche seiner Regierung mit der Guerilla ab. »Was die ELN in Catatumbo begangen hat, sind Kriegsverbrechen. Der Dialogprozess mit dieser Gruppe ist unterbrochen, die ELN hat keinen Willen zum Frieden« schrieb Petro auf X. Am Sonnabend folgte ein weiteres Kommuniqué der ELN, in dem sie dem Frente 33 vorwirft, gegen die Zivilbevölkerung und die organisierten Gemeinden gewaltsam vorzugehen. Daher sehe man »keinen anderen Ausweg als die bewaffnete Konfrontation« in diesem Konflikt, den die ELN nicht initiiert habe.
Zuvor hatte Petros Friedensbeauftragter Otty Patiño bereits am Mittwoch einen harten offenen Brief an die ELN-Führung veröffentlicht. Unter anderem beschuldigte er die Guerilla, einen Plan voranzutreiben, um seinen Berater und ebenfalls Mitglied der Friedensdelegation der Regierung, Álvaro Jiménez, zu ermorden. Zudem stellte er den politischen Charakter der ELN als Organisation in Frage. Die Anschuldigungen wurden umgehend zurückgewiesen und laut einer Mitteilung der Friedensdelegation der Regierung habe die ELN versichert, dass es keine derartigen Drohungen oder Pläne von Seiten ihrer Organisation gäbe.
Vorgesehen war eigentlich, dass der Dialog zwischen beiden Seiten am 25. Januar wieder aufgenommen werden sollte. Dieser war im September nach mehreren Krisen und Wiederaufnahmen abgebrochen worden. Damals begründete die Regierung die Entscheidung mit einem von der ELN durchgeführten Angriff auf einen Militärstützpunkt.
Die ELN wirft der Regierung wiederum vor, sich nicht an alle Verpflichtungen im Rahmen der Friedensgespräche zu halten sowie anhaltend militärisch gegen die Guerilla vorzugehen. Zudem verfolge die Regierung eine Taktik zur Spaltung der Guerillaorganisation, was etwa zur Abspaltung der heute »Comuneros del Sur« genannten Gruppe führte. Die treibt nun einen eigenen Friedensdialog mit der Regierung voran.
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