Ergebnis stimmt
Von Arnold Schölzel
Eine Überraschung ist es nicht, was die Washington Post am Sonntag zu den Kabelschäden in der Ostsee berichtete: Ermittlungen der USA und eines halben Dutzends europäischer Sicherheitsdienste lieferten bislang keine Hinweise, dass Handelsschiffe die Zerstörungen »absichtlich oder auf Anweisung Moskaus« herbeigeführt hätten. Die geheimen Informationen deuteten auf Unfälle.
Das ist eine Kapitulation der Dienste, mindestens Arbeitsverweigerung. Ihre politischen Chefs, vor allem die deutschen, kannten das Ergebnis schließlich vor ihnen. Boris Pistorius im November über ein chinesisches Schiff: »Sabotage«, »niemand« glaube an ein Versehen. Annalena Baerbock kurz nach dem Festsetzen eines Tankers durch Finnland am 28. Dezember: »ein dringender Weckruf« angesichts »hybrider Gefahren« aus Russland. Geweckt wurde der Kanzler, der am 14. Januar zwischen zwei Wahlkampfauftritten nach Helsinki flog, um zusammen mit den besonders wachsamen, also hysterisch russophoben Skandinaviern und Balten eine neue NATO-Mission in der östlichen Ostsee zu starten. Er wähnte »hybride Attacken«, es sei »sehr offensichtlich«, wer sie verursache. Soviel Klarheit war selten, selten auch das Beweisvakuum.
Oder doch nicht? Da war doch Sir Richard Moore, Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6. Der hatte am 29. November in einer Rede in Paris Grusel verbreitet: »Wir haben kürzlich einen atemberaubend rücksichtslosen Feldzug russischer Sabotage aufgedeckt.« Wenn ein James-Bond-Verschnitt das sagt, benötigt die NATO keine Fakten mehr, sondern weiß: Das Ungeheuer von Loch Ness paddelt jetzt in der Ostsee und ist russisch. Flugs war eine neue NATO-Flotte unterwegs, erhielt sekundenschnell den Namen »Baltic Sentry« – und einen »starken Beitrag« (Pistorius) der Deutschen. Die vorgesehenen Kriegsschiffe, U-Boote, Flugzeuge, Satelliten und Drohnen, über deren Zahl die NATO hartnäckig schweigt, werden vom NATO-Kommando in Rostock geführt und organisiert. Bei dessen Einweihung im Oktober 2024 hatte Pistorius Bescheid gegeben, es sei kein NATO-Kommando. Es lässt sich auch sagen: Das Ergebnis, die nächste Eskalation in der Ostsee gegen Russland, stimmt – aus NATO-Sicht –, sonst nichts. Die Flotte musste her, weil vor allem deutsche Generäle und Politiker ausgerechnet haben, dass der Russe 2029 angreift. Tatsachen stören da nur.
USA und Großbritannien, das seit 2018 an der Spitze eines Zehn-Staaten-Bundes Jagd auf russische Schiffe in Nord- und Ostsee machte, sind nicht bei »Baltic Sentry« dabei. Da wirkt offenbar Trump: Macht eure Kriege alleine. »Baltic Sentry« könnte der Musterfall deutscher »Führung« werden. Die Antwort auf die Frage, warum einige Dienste per Washington Post reingrätschen – is blowing in the wind. Denn: FAZ-Schlagzeile am Montag – »NATO ringt um weit höhere Ausgaben.« Das wird stimmen.
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Leserbrief von B.S. aus Ammerland (21. Januar 2025 um 12:30 Uhr)Liebe Leute, es geht um Einschüchterung und Indoktrinierung einer noch nicht von voller Kriegsbegeisterung gebeutelten Bevölkerung. Nicht, dass durch die Wahl einer neuen Regierung das alles von Tisch wäre. Die Anlagenberater von Rheinmetall und Co., die Namen dieser Herrschaften sind bekannt, hoffen auf gut dotierte Posten nach ihrer Zeit in der Ampelkoalition. Dass angloamerikanischen Geheimdienste, die den Kundendienst für Nord Stream 2 übernommen haben, nun offen erklären, es sei keine Sabotage seitens Russlands oder Chinas, bringt unsere Märchentanten von Pistorius und BND-Chef Karl nicht nur in Erklärungsnot, sondern entlarvt sie als Lügner! Aber Propaganda und Lügen sind Hauptbestandteil dieser Rechten Kriegsagenda.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Andreas E. aus Schönefeld (21. Januar 2025 um 05:40 Uhr)Es ist doch gute Tradition – zum Ersten Weltkrieg führte der »Schlieffen-Plan« als Antwort auf das Attentat auf Franz-Ferdinand, zum Zweiten Weltkrieg führte unter anderem der gefälschte Überfall auf den Sender Gleiwitz in Schlesien, der Tongking-Zwischenfall führte zum Eintritt der USA in den Vietnam-Krieg usw. usf. Nun also schwadronieren die wertewestlichen Politiker über eine »hybride« Kriegsführung Russlands gegen die kritische Infrastruktur der EU. Aber eines lassen sie aus: Die Wahrheit über Nord Stream und die Verwicklungen der westlichen Seite in diesen Anschlag. Die »Unfall-Theorie« wird in Bezug auf die Kabelbeschädigungen von vornherein als falsch deklariert, obwohl »in dubio pro reo« gelten müsste. Aber man bauscht diese Unfälle dazu auf, um in den internationalen Gewässern eine Schutzflotte der NATO zu installieren – unter der Führung der NATO-Zentrale in Rostock. Und – zack, die nächste Lüge entlarvt – bei der Eröffnung der Zentrale letztes Jahr sprach Kriegsminister Pistorius noch von einem nationalen Führungskommando unter Hinzuziehung von Kommandeuren aus NATO-Mitgliedsländern. Schon da war das Rumgeeier für einen normal denkenden Menschen durchschaubar – es ging um eine weitere eklatante Verletzung des Zwei-plus-vier-Vertrages zur deutschen Einheit. Und diese ist nun offenkundig. Von Rostock aus wird ein Seekrieg gegen die internationale Schifffahrt gesteuert, denn alle Schiffe, die aus Osten kommen, sind verdächtig, die völkerrechtswidrigen Sanktionen des »Wertewestens« gegen Russland zu unterlaufen. Leute – werdet wach – dieser Weg, auf den wir hier gezwungen werden von Machteliten in Europa und den USA wird blutig und dann für uns alle tödlich enden. Fallen wir diesen Kriegstreibern zu Hunderttausenden, zu Millionen in den Arm! »Diesen Krieg zu verhindern – es ist an der Zeit« (Hannes Wader)
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Leserbrief von Andreas Kubenka aus Berlin (21. Januar 2025 um 16:34 Uhr)Da der gute Schlieffen schon 1913 gestorben ist, konnte sein Plan wohl keine Antwort auf ein 1914 stattgefundenes Attentat sein!
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Marian R. (21. Januar 2025 um 16:58 Uhr)Doch! 1905 entwickelt, Anwendung 1914 (Quelle: https://friedensbildung-schule.de/sites/friedensbildung-schule.de/files/anhang/medien/fbs-erster-weltkrieg-586.pdf). Solche Pläne liegen ja immer in irgendeiner Schublade bzw. werden in Generalstäben aktualisiert.
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Leserbrief von Andreas Kubenka aus Berlin (28. Januar 2025 um 16:07 Uhr)Der Schlieffenplan war ein Antwortversuch auf die schwierige Zweifrontensituation, in die sich das Wilhelminische Kaiserreich in der Nach-Bismark-Ära außenpolitisch hineinmanövriert hatte. Im Westen sollte eine Art »Blitzsieg« erkämpft werden, um sich zu Lande dann ganz auf das weiträumige Russland konzentrieren zu können. So gesehen war der Erste Weltkrieg für Deutschland schon 1914 nach der Marneschlacht verloren gewesen. Entscheidend wurden fortan das riesige ökonomische und Menschenpotential der Ententemächte und ihre besseren geostrategischen Positionen. Mit dem Kriegsanlass bzw. -vorwand (Attentat von Sarajevo) hatte das alles aber nichts zu tun. Der Erste Weltkrieg hätte sich auch an einem anderen Anlass entzünden können. Entscheidend waren die sich permanent verschärfenden zwischenimperialistischen Widersprüche, die schon lange vor 1914 zu gefährlichen Vorbeben des Weltkriegsausbruchs führten (z. B. Marokkokrisen, Balkankriege). Vieles an der heutigen Weltsituation erinnert leider an die damaligen Verhältnisse und sollte uns Anlass sein, uns mit der Vorgeschichte des Weltkriegs, der damals noch keine Ordnungszahl hatte, zu beschäftigen. Insbesondere natürlich mit den Antworten, die damalige hervorragende Marxisten (Lenin, Liebknecht usw.) darauf zu geben versuchten.
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