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Aus: Ausgabe vom 22.01.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Argentinien

Die Großmütter geben nicht auf

Abuelas de Plaza de Mayo verkünden Identifikation von »Enkelin 139«
Von Frederic Schnatterer
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Seit 1977 suchen die »Abuelas de Plaza de Mayo«, die »Großmütter des Maiplatzes«, nach den von den Militärs gestohlenen Kindern (Wandgemälde in Buenos Aires)

Solche Nachrichten sind per se erfreulich; unter den in Argentinien herrschenden Umständen, die von offener Feindseligkeit der Regierung unter Javier Milei geprägt sind, gilt das umso mehr. Am Dienstag verkündete die Menschenrechtsorganisation Abuelas de Plaza de Mayo, »Enkelin 139« identifiziert zu haben. Für den Nachmittag (nach jW-Redaktionsschluss) kündigten die Abuelas eine Pressekonferenz an. Dort wurden weitere Details zur »Enkelin 139« erwartet.

Damit konnten die Abuelas in weniger als einem Monat gleich zwei Erfolgsnachrichten vermelden. Nahezu zeitgleich mit den Attacken auf die Orte der Erinnerung an die Verbrechen der Militärdiktatur (1976–1983), hatte die Organisation am 27. Dezember 2024 erklärt, »Enkel 138« identifiziert zu haben. Gegenüber der Presse präzisierte die Vorsitzende der Abuelas, Estela de Carlotto, damals: »Es handelt sich um den Sohn von Marta Enriqueta Pourtalé und Juan Carlos Villamayor, geboren im Dezember 1976.« Das Elternpaar sei am 10. Dezember 1976 aus seiner Wohnung in Buenos Aires entführt worden. »Die Mutter war im achteinhalbten Monat schwanger«, so Carlotto bei der Vorstellung im Espacio Memoria y Derechos Humanos, das im ehemaligen Geheimgefängnis ESMA untergebracht ist. Dorthin seien beide Eltern, die bei der Guerillaorganisation Montoneros aktiv gewesen seien, nach ihrer Entführung verschleppt worden. »Gut möglich, dass Enkel 138 dort geboren wurde«, so Carlotto.

Bis heute konnten mehr als 30 Geburten im Geheimgefängnis ESMA nachgewiesen werden. Diese Kinder wurden ihren Eltern, die die Gefangenschaft größtenteils nicht überlebten, in den allermeisten Fällen weggenommen und an oftmals ranghohe Angehörige der Streitkräfte übergeben. Die Abuelas de Plaza de Mayo suchen seit 1977 nach den gestohlenen Kindern. Es wird angenommen, dass rund 500 Kinder von Dissidenten, die während der Diktatur »verschwunden« sind, als »Kriegsbeute« angeeignet wurden.

Ihre Suche gestaltet sich immer schwerer. Die Abuelas kritisierten im Dezember, dass die Milei-Regierung die staatliche Erinnerungspolitik demontiere und den Institutionen, die sich der Aufklärung der Verbrechen widmen, die Mittel streiche. Unter dem Titel »Aktualität der Erinnerungs-, Wahrheits- und Gerechtigkeitspolitik in Argentinien« werden insbesondere die Maßnahmen untersucht, die die Suche nach den gestohlenen Kindern von Diktaturgegnerinnen erschweren. So sehe sich die nationale Kommission für das Recht auf Identität (Conadi) ebenso schweren Angriffen ausgesetzt, wie die Nationale genetische Datenbank. Der Conadi drohe ein Personalabbau von 67 Prozent, »was schwerwiegende Auswirkungen auf die Nachforschungen haben würde«, heißt es in dem Bericht. Der genetischen Datenbank stehe laut Haushaltsprojektionen für 2025 »ein Rückgang der Mittel um 50,4 Prozent« bevor. Die Sonderermittlungseinheit UEI, die in Kooperation mit der Conadi der argentinischen Justiz zugearbeitet hatte, war von der Milei-Regierung im August gleich komplett aufgelöst worden.

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