Megaprimus Vonovia
Von Oliver Rast
Wetterfest sind sie gekleidet, und gut sichtbar haben sie sich postiert, direkt an der Bordsteinkante: Vis-à-vis der Zentrale des größten deutschen Immobilienkonzerns Vonovia in Bochum. Ein plakativer Protest am Freitag zur Frühschicht, kurz nach 9 Uhr. Vor dem Auftakt der außerordentlichen Hauptversammlung (HV) des Unternehmens. »Mieten steigen nicht, sie werden erhöht!« steht auf einem der Transparente; auf einem zweiten: »Vonovia wächst, unser Zorn auch!«
Grund des Zorns: Auf der HV haben die Vonovia-Aktionäre final die Übernahme der »Deutsche Wohnen« (DW) besiegelt. Damit schluckt der Branchenprimus den -vize, ist der Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags der Vonovia als herrschendem Unternehmen und der DW als beherrschtem Unternehmen fix. Einige Vertreter von DW-Anlegergruppen machten nach jW-Informationen aber Stunk. Ihnen ist die Abfindung (0,7947 Aktien der Vonovia je Aktie der DW) zu niedrig, monierten eine Unterbewertung, drohten mit Klagen. Tags zuvor wurde auf der DW-HV der Übernahmevorschlag bereits »mit 98,93 Prozent des anwesenden Grundkapitals angenommen«, berichtete das Portal Finanzen.net am Freitag.
Die Geschäftspolitik von Vonovia und DW hat Christoph Trautvetter vom »Netzwerk Steuergerechtigkeit« im Blick. Lange schon. Vor allem steuerpolitische Finessen. So hatte Trautvetter wiederholt darauf verwiesen, dass der Vonovia-Konzern durch eine erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer mehrere hundert Millionen Euro spart. Und nicht zuletzt habe Vonovia durch einen »Share Deal« bei der DW-Übernahme knapp eine Milliarde Euro Steuern gespart. Dabei handelt es sich um einen Anteilskauf, bei dem das Unternehmen quasi »als Ganzes« an den Käufer übergeht.
Legale Tricksereien, die Knut Unger stören. Das Urgestein vom Mieterverein Witten ist einer der schärfsten Kritiker des renditegetriebenen Mietwohnungsmarktes – und einer der rund zwei Dutzend Protestierer vor der Vonovia-Zentrale. Wenig überraschend: »Ich bin gegen die Fusion der beiden Immobilienriesen«, betonte Unger am Freitag gegenüber jW. Warum? »Na weil das eine noch größere, noch mächtigere Vonovia bedeutet.« Mies für Mieter. Etwa bei Nebenkosten.
Ein bekannter Vorwurf: horrend hohe Betriebskostenabrechnungen. Bewohner seien im vergangenen Winter mit »Horrornachforderungen von teils mehr als 4.000 Euro« konfrontiert worden, sagte Vonovia-Mieterin Sabine Blackburn, aktiv in der Mieterinitiative Mariendorf-Ost in Berlin, am Freitag jW. Bemerkenswert: Dort, wo sich zur Miete Wohnende zusammenschließen, in den sogenannten Heizkostenstreik treten würden, würde Vonovia »Abrechnungsfehler korrigieren.« Aber nicht nur Kostenbescheide für die »zweite Miete Nebenkosten« bringen Mieter in Rage. Ferner Mieterhöhungen. Der Immobilienkonzern habe im zurückliegenden Sommer in Berlin Zehntausende Erhöhungen verschickt, die mit vermeintlich wohnwertsteigernden Merkmalen wie einer »guten ÖPNV-Anbindung« oder einer »guten Nahversorgung« begründet worden seien, weiß Jasmina Rühl. Nur, diese Merkmale »sind aber gar nicht im Berliner Mietspiegel aufgeführt und somit nichtig«, so die Aktivistin der Nachbarschaftsinitiative »Prinzebers« in Berlin-Schöneberg weiter.
Zurück zur Kundgebung. Immerhin, Vonovia-Boss Buch fühlte sich wohl genötigt, Tuchfühlung zu den wackeren Protestierern aufzunehmen. »Und, hat er was gesagt?« wollte der Autor wissen. Mieteraktivist Unger: »Guten Tach.« »Mehr nicht?« »Nö.« Fraglos, plakativer Fortsetzungsprotest folgt.
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Leserbrief von Wolfgang Schlenzig aus Berlin (29. Januar 2025 um 12:23 Uhr)Immer wieder sind es die im Kapitalismus legalen Verbrechen, die verhindern, dass die Bürger in Freiheit leben können. Wirtschaft und Regierung verhindern mit den Mitteln des sog. Rechtsstaates ordentliches Wohnen und Bildung für alle. Nach wie vor regen sich darüber noch zu wenige auf. Das Großvermieterenteignungsgesetz wird von den sog. demokratischen Parteien hintertrieben und die Studienbedingungen werden von denen so gestaltet, dass die Wohlsituierten immer besser durchkommen als die anderen, und somit dann auch die entsprechenden Posten in Wirtschaft, Dienstleistung und Verwaltung besetzen. Alles, was bei CDU, SPD, Grünen und FDP auf den Wahlplakaten steht, ist somit Lüge und Heuchelei, bewusste Hinterslichtführung.
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