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Aus: Ausgabe vom 28.01.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Industriepolitik

Ein bisschen Kettensägenmassaker

»Standort Deutschland«: Stihl droht mit Abwanderung ins Ausland – und stellt Ultimatum bis 2030
Von Oliver Rast
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Mit schwerem Gerät an die Grundfeste des Motorsägenfabrikanten aus dem Musterländle (Waiblingen, 14.9.2021)

Er droht, abermals, aus einer Position der Stärke: Nikolas Stihl. Der Aufsichtsratsvorsitzende des familiären Traditionsunternehmens aus dem Musterländle will abwandern, künftig im Ausland investieren. Wenn, ja, wenn nichts am »Standort Deutschland« passiere, sagte er der Augsburger Allgemeinen (Montagausgabe).

Was muss passieren? Einiges. Und zwar bis 2030, so der Stihl-Spross ultimativ. Also, Baukosten runter, Bürokratie »entschlacken«, Arbeitskosten runter. Typischer Forderungskatalog vom Gründerenkel aus dem Rems-Murr-Kreis. Stihl moniert: »Der deutsche Standort hat innerhalb kürzester Zeit massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren.« Sorgenvoll blicke er in die Zukunft. Gleichzeitig bekräftigte er, das Unternehmen wolle in Deutschland bleiben. Aber nur, nun, wir wissen schon. Ferner stört den Aufsichtsratschef die mittelfristige Forderung der IG Metall (IGM) nach einer 32-Stunden-Woche, bestenfalls bei vollem Lohnausgleich. Eine zeitlich begrenzte Werkwoche, die die internationale Konkurrenzsituation nochmals verschärfen würde, hatte Stihl bereits im April der FAZ in den Notizblock geraunt. Zumal Industriearbeitsplätze, die einmal verloren gingen, nicht mehr zurückkämen. Dabei vermisse er bei deutschen Wirtschaftspolitikern – metaphorisch nicht ganz stilsicher – »in vielen Fällen den langfristigen Horizont«.

Zurück zur Drohkulisse. Angedacht war, »unsere Schienenfertigung aus dem Stammwerk in Waiblingen in ein neues Werk in Ludwigsburg zu verlagern«, so Stihl weiter. Das ist nun vakant. Und anders als vor zehn Jahren seien die Arbeitskosten in der Schweiz niedriger als in Deutschland, rechnet der Auswanderungswillige vor. Übrigens, schon seit fünf Jahrzehnten fertigen eidgenössische Mehrwertproduzenten die Ketten für die Motorsägen des Weltmarktführers. Wenig überraschend und ganz nebenbei wettert Stihl gegen das Gesetz für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in den Lieferketten. »Komplett praxisuntauglich«, behauptet er.

Wie bedrohlich schätzt die IGM die Lage der fast 100 Jahre alten und weitverzweigten Unternehmensgruppe mit weltweit rund 20.000 Beschäftigten ein? Das musste am Montag bis jW-Redaktionsschluss offenbleiben. Die zuständige erste Bevollmächtigte der Kooperationsgeschäftsstelle Ludwigsburg und Waiblingen konferiert die Woche über auf einer Klausur, hieß es aus dem Sekretariat. Sicher auch wichtig. Und die Stihl-Vertrauensleute der Gewerkschaft, was meinen die? Gleichfalls unklar. Die auf Facebook notierte Kontaktnummer vermittelt bei Anruf eines: unverständliche Störgeräusche via Mailbox.

Ungeachtet der Fehlversuche des Verbindungsaufbaus durch den Autor, Nikolas Stihl setzt die Kettensäge an das hiesige Werksfundament – und lässt schon mal den Motor warmlaufen.

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