Blauer Machtfaktor im Blick
Von Marc BebenrothDie Selbstverständigung über mögliche Regierungsbeteiligung(en) der AfD umfasse mehr, als in einem Heft darstellbar sei. So widmet sich auch die Winterausgabe des Antifaschistischen Infoblatts (AIB) schwerpunktmäßig der Frage: »Was tun, wenn die Rechte an Macht gewinnt?« Das bürgerliche Konzept einer »Brandmauer« nach rechts – also das bloße Versprechen, offiziell mit der Rechtsaußenpartei keine gemeinsame Sache zu machen – funktioniere nicht, stellt bereits das Editorial fest. Es könne überhaupt nicht funktionieren, da »an allen Ecken und Enden der Gesellschaft gezündelt« werde.
Das AIB erkennt: Wo sich »linke und linksliberale Parteien« auf kommunaler Ebene (moralisch) verpflichtet sehen, jedes noch so unpolitisch daherkommende Vorhaben der AfD abzulehnen, werde dies durch die mediale Überlegenheit der Rechten instrumentalisiert. Sie würden beispielsweise »nicht zögern, mit dem Finger auf jene zu zeigen, die einen neuen Zebrastreifen vor der Kita verhindert hätten«. Die Antwort beschränkt sich auf »offensive politische Kommunikation«: materielle Ursachen benennen und der Bevölkerung klarmachen, dass finanzschwache Kommunen immer weniger selbst entscheiden können. Ob das allein den Durchmarsch rechter Politik zu stoppen vermag, darf bezweifelt werden.
Vom organisierten Klassenkampf haben sich die Autoren erkennbar verabschiedet. Sie reden statt dessen einer Solidarität von Freizeiteinrichtungen (»linkes Jugendzentrum«, »Initiative von Kinoenthusiasten«, »Galerie für Ausstellungen regionaler Künstler«) das Wort. Diese »Interessengruppen« müssten »aufeinander Bezug nehmen« und lernen, »mit kulturellen Unterschieden und inhaltlichen Differenzen produktiv« umzugehen. So solle den Spaltungsversuchen von rechts entgegengewirkt werden.
Für Dirk Laab ist das »größte, noch immer vorherrschende Missverständnis« bezüglich der AfD die Annahme, diese könne »erst Schaden anrichten, wenn sie an der Macht ist«. So sei es der Partei gelungen, die Deutungshoheit über die Migrationspolitik zu erlangen. Dabei assistierten ihnen die »großen Talkshows«. Wieviel Geld dem Parteiapparat durch Mandate und Parteienfinanzierung des Staates zugute kommt, schildert Laab ebenfalls. Das Geld fließe über die Anstellung von extrem rechten Akteuren auch in die Neonaziszene.
Die Soziologin Jana Schäfer arbeitet sich am Sprachbild der »Brandmauer« ab. Sie erklärt in einem auf Juni 2024 datierten Beitrag: »Brände löschen geht nur von Hand.« Als Beispiele nennt sie die Sozialpolitik der KPÖ in Graz und im Salzburger Landtag sowie private Initiativen der Sozialhilfe oder politische NGOs. Schäfer kennt offenbar nur Aktivisten, aber keine Arbeiter, die es zu organisieren gelte.
Auch diese Ausgabe krankt daran, dass beim Blick auf die AfD die übrigen Parteien – allen voran CDU/CSU – aus demselben geraten. Lesenswert ist der Gastbeitrag der Antifa Falkensee. Die Gruppe schildert die Bedingungen im ländlichen Raum Brandenburgs, unter denen antifaschistisches Auftreten stattfindet und verstärkt werden müsse. Die AfD müsse »durch gezielte Aktionen« von der Gesellschaft getrennt werden.
Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 145: Brandmauern, Bündnisse, Backpfeifen. Was tun, wenn die Rechte an Macht gewinnt? 59 Seiten, 3,50 Euro. Bezug: antifainfoblatt.de
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