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Aus: Ausgabe vom 13.02.2025, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Kapital und Rassemblement National

Kampagne gegen CGT-Chefin

Sophie Binet kritisiert Kapitalflucht der Konzerne in der Krise. Die französische Rechte hetzt und zieht nun auch vor Gericht
Von Bernard Schmid
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Sophie Binet (vorn links) bei einem Protest gegen die Produktionsverlagerung von Renault (Paris, 4.2.2025)

ETHIC, so heißt die Vereinigung von Kapitaleigentümern und Unternehmensinhaberinnen, die seit 1995 von der französischen Unternehmerin Sophie de Menthon geleitet wird. Das klingt erst einmal gut. Und irgendwie englisch soll es auch klingen, denn die französische Schreibweise für »ethisch« wäre sonst »éthique«.

Nicht gar so wohlklingend ist manch andere Äußerung der 76jährigen Lobbyistin. Im Herbst 2011 erregte die Dame etwa Aufsehen, als sie in einem Interview de facto Kinderarbeit in asiatischen Ländern rechtfertigte. Richtig gut sei diese zwar nicht, und aus ihr spreche ja auch ihr »Herz als Mutter« – Hand auf dasselbe. Andererseits aber ernährten diese Kinder ja auch wieder ganze Familien. Also bitte nicht zu schnell aufregen, ja?

Nun ist es jedoch de Menthon, die sich in diesen Tagen schwer erregt. Am 31. Januar war Sophie Binet, die Generalsekretärin des französischen Gewerkschaftsdachverbands CGT, ins Radiostudio von RTL eingeladen worden. Dort quittierte sie die Ankündigung des französischen Luxuswarenfabrikanten Bernard Arnault vom Konzern LVMH, er wolle künftig nicht mehr in Frankreich investieren, da die Steuerlast dort so grauenhaft sei. Binet kommentierte das mit den Worten: »Diese Äußerungen sind ein Spiegelbild des Verhaltens der großen Chefs von heute, die das Land versenken, denen Frankreich und das allgemeine Interesse völlig egal sind. Ihr einziges Ziel ist die Profitgier, die Ratten verlassen das Schiff.«

Wie andere Wirtschaftskapitäne auch nutzt Arnault die stagnierende Wirtschaft und die anhaltende mediale Panikmache über die hohe Staatsverschuldung. Mittels Drohungen, den Standort zu verlagern und Beschäftigte zu entlassen, und mittels Medienkampagnen versucht die Kapitalseite, die Befürchtungen bezüglich der hohen Staatsschulden als Rammbock zu nutzen, um soziale Einschnitte durchzudrücken.

Noch in jüngerer Vergangenheit hätten Kapitalvertreter einen Ausspruch wie den von Binet achselzuckend hingenommen, um gleichzeitig im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen weiterhin die Kraftprobe zu suchen. Nicht dieses Mal. Mitte voriger Woche kündigte de Menthon, im Namen aller Unternehmer, eine Strafanzeige an. Ort der Veröffentlichung ihres Interviews war das extrem rechte Wochenmagazin Valeurs actuelles. Das 1966 gegründete Periodikum sorgte zuletzt für großes Aufsehen, als es in einem Comic im August 2020 die – in Gabun geborene – linke LFI-Abgeordnete Danièle Obono gefesselt auf einem Sklaventransport abbildete; im Januar 2024 wurde das Magazin deswegen in zweiter Instanz verurteilt. Als Anwalt mit der Klage betraut hat de Menthon wiederum Gilles-William Goldnadel, einen französischen Rechtsextremen und zugleich ausgewiesenen Rechtszionisten, welcher sich eine Rolle als Bindeglied zwischen französischen und israelischen Rechtskräften erträumt.

Goldnadel tat sich am vorigen Wochenende hervor, indem er bei X behauptete, im Mordfall der tot in einem Waldstück im südlichen Pariser Umland aufgefundenen elfjährigen Louise (Nachname anonymisiert, jW) hätten die französischen Medien sich für einen totalen Nachrichtenstopp entschieden, weil der Tatverdächtige nordafrikanischer Herkunft sei. Kurz darauf begannen seit Sonnabend stundenlange Sondersendungen zu dem Mordfall bei allen wichtigen französischen Fernsehsendern, und der zuerst genannte Tatverdächtige wurde entlastet. Als Anwalt hält Goldnadel anscheinend auffällig wenig von der Unschuldsvermutung.

Dass über solche Kreise eine juristische wie ideologische Offensive gegen die CGT eingeleitet wird, erstaunt nicht. Es spiegelt die Richtungsentscheidung in einem wachsenden Teil der herrschenden Klasse wider – und zwar zugunsten einer Aufnahme der extremen Rechten in den Kreis der »regierungsfähigen Kräfte«.

Übrigens, de Menthon war im Januar 2012 im inzwischen vorvorletzten Präsidentschaftswahlkampf noch die einzige Unternehmerin von Rang, die die Kandidatin des damaligen Front National (FN), Marine Le Pen, zu einer Veranstaltung der ETHIC empfing. Inzwischen steht sie damit bei weitem nicht mehr so allein. Jordan Bardella, seit 2022 der Nachfolger von Le Pen im Parteivorsitz der 2018 in Rassemblement National (RN) umbenannten Partei, ereiferte sich am 1. Februar bei einer Großveranstaltung in Montélimar über Binet und erntete breite Zustimmung durch Buhrufe im Saal.

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