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Aus: Ausgabe vom 27.02.2025, Seite 16 / Sport
Eishockey

Treffen und übertreffen

NHL: Alexander Owetschkin von den Washington Capitals jagt den Torrekord des großen Wayne Gretzky
Von Robert Kemps
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Auf der Jagd nach Wayne Gretzkys Rekord: Alexander Michailowitsch Owetschkin Superstar

Er geht auf die 40 zu. Und derzeit ist ein Rekord für ihn in Reichweite, der lange für die Ewigkeit ins Eis gemeißelt schien: Die Bestmarke der meisten Tore in der NHL, der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga. Alexander Michailowitsch Owetschkin heißt der Mann, geboren 1985 in Moskau, damals noch Hauptstadt der Sowjetunion. Sein Spitzname bei den Washington Capitals – die er seit 2010 als Kapitän anführt – entsprechend seiner Rückennummer dort: »The Great 8«. Der linke Flügelstürmer hat mittlerweile 883 Tore erzielt. Ihm fehlen damit noch genau zwölf, um die 894 von »The Great One«, den Kanadier Wayne Gretzky, zu übertreffen.

Im Unterschied zu Gretzky, der als Spielmacher zusätzlich zu seinen Toren mehr als doppelt so viele direkte und indirekte Torvorlagen verbuchte, gilt »Ovi« vor allem als Torjäger – er hat weit mehr Treffer auf seinem Konto als Vorlagen. Gretzkys Motto lautete: »Du vergibst 100 Prozent all der Schüsse, die du erst gar nicht abgibst.« Das beherzigt Owetschkin wie kein anderer. Sobald sich auch nur der Ansatz einer Chance ergibt, schießt er aufs Tor. Und ist dennoch zugleich Teamplayer – nicht zuletzt, weil er auf dem Eis oft mehr als nur einen Gegenspieler auf sich zieht.

Am vergangenen Sonntag erzielte der Hüne, der für seine körperbetonte Spielweise gefürchtet ist, beim 7:3-Heimsieg gegen die Edmonton Oilers den 32. Hattrick seiner Karriere. Mit seinem Tor bei der 1:3-Niederlage der Capitals gegen die Calgary Flames schaffte er in dieser Saison in 42 Spielen 30 Tore. Im November hatte er sich bei einem unglücklichen Zusammenprall das linke Wadenbein gebrochen, kehrte aber erstaunlich rasch zurück und setzt seine Jagd nach dem Rekord fort.

Deutsche Medien wie der Tagesspiegel bezeichnen Owetschkin gerne als »Putins Superstar in den USA«, der sich 2022 »nur wachsweich gegen den Krieg« in der Ukraine ausgesprochen habe. Der Mann sei weiterhin »der beliebteste russische Sportler«. Damit wäre dann ja wohl alles gesagt und auch klar, warum man hierzulande am besten nichts über ihn sagt.

Owetschkin kam 2005 als 20jähriger von Dynamo Moskau zu den Capitals, wo er seither spielt. 2018 führte er sein Team zum Gewinn des Stanley Cups, der NHL-Meisterschaft. Er trägt übrigens die gleiche Rückennummer »8« wie seine Mutter Tatjana Owetschkina, die einst als Basketballerin für die Sowjet­union 1976 und 1980 Olympiagold geholt hatte.

In der NHL ist er einer der größten Stars. In der Liga, in der auch sehr viele sehr gute Russen spielen, gibt es kaum Diskussionen darüber, aus welchem Land die Spitzensportler stammen – solange sie Leistung liefern. US-Amerikanischer Sportsgeist? Der Tagesspiegel zeigt sich am 22. November 2024 not amused: »Es ist in der Tat schon etwas befremdlich, wie die größte Eishockeyliga der Welt Owetschkin seit Wochen auf dem Weg zur Rekordmarke großflächig abfeiert.«

Da wird der strenge Weltmeister im Moralkeulenschwingen erkennbar: »In vielen Sportarten sind Athleten aus Russland ausgeschlossen worden, in europäischen Eishockeyligen sind sie kaum noch unterwegs«, so der Tagesspiegel weiter. Das aber ist ganz dünnes Eis und erinnert an die Fabel vom Fuchs und den Trauben: Die hängen zwar ohnehin zu hoch – doch der fabelhafte Fuchs sagt, sie wären ihm einfach zu sauer.

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