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Aus: Ausgabe vom 06.03.2025, Seite 16 / Sport
Schach

Gold für die USA und England

Die Schachmannschaftsweltmeisterschaften der Senioren vom 16. bis 27. Februar in Prag
Von Sören Bär
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Der Kulminationspunkt: Rainer Knaak gewinnt mit 40…Df5+! den weißen Turm e4

Bei den über 50jährigen bot Titelverteidiger USA als Spitzenreiter der Setzliste mit Jaan Ehlvest, Gregori Kaidanow, Alexander Schabalow und Igor Nowikow vier starke Großmeister (GM) auf, die früher in der Sowjetunion gespielt hatten. Der Internationale Meister (IM) Stuart Rachels ergänzte das Team. Mit einem 2,5:1,5-Sieg im Schlussdurchgang gegen die von Klaus Bischoff angeführte deutsche Mannschaft Confluentia kamen die USA auf 15:3 Mannschafts- (MP) sowie 24 Brettpunkte (BP) und setzten sich hauchdünn mit einem Brettpunkt Vorsprung gegenüber den nach Mannschaftspunkten gleichen Italienern durch. Die USA gelangten damit schon zum dritten Mal in Folge auf den Spitzenrang. Beide Teams blieben im Turnier ohne Niederlage und hatten sich im direkten Vergleich 2:2 getrennt. Die Silbermedaille für Italien erkämpften die Großmeister Alberto David und Michele Godena und die Internationalen Meister Fabio Bellini, Fabrizio Bellia und Carlo D’Amore. Auf dem dritten Podestplatz landete bei 14:4 MP und 24 BP Kasachstan mit den Großmeistern Murtas Kaschgalejew, Pavel Kotsur, Serikbay Temirbajew und IM Jerlan Tikschanow, das seine Siegchance erst durch ein 2:2 in der letzten Runde gegen England entgleiten ließ. Schon ein 2,5:1,5 hätte zum Gewinn des WM-Titels gereicht.

Toller Teamgeist

Gold für die beste Leistung am ersten Brett ging an Supergroßmeister Michael Adams, der sechs Punkte aus acht Partien erreichte und meist durch glänzende Partieführung bestach. Er musste allerdings in der sechsten Runde als Schwarzer eine sensationelle Niederlage gegen Ľubomír Ftáčnik einstecken. GM Pavel Kotsur kam auf den Spitzenplatz am zweiten Brett, während GM Alexander Schabalow die beste Leistung am dritten Brett bot. An den Positionen vier und fünf (Reserve) waren die Performances von GM Mark Hebden (England) und IM Carlo D’Amore (Italien) goldene Plaketten wert. In der Frauenwertung triumphierte die Tschechische Republik vor den USA und Kasachstan.

In der Altersklasse 65 plus wollte England mit den Großmeistern John Nunn, Glenn Flear, Anthony Kosten sowie IM Peter Large und FIDE-Meister Terry Chapman an den Titelgewinn aus dem Vorjahr anknüpfen. Doch auch die Schachstiftung Lasker GK, angetreten mit 65-plus-Einzelweltmeister GM Rainer Knaak, dem früheren WM-Kandidaten und Weltranglistendritten GM Artur Jussupow, GM Jakob Meister und Gerhard Köhler, trachtete nach einer Wiederholung ihres Triumphes aus dem Jahre 2023. Das englische Team siegte siebenmal und gestaltete zwei Kämpfe unentschieden, so dass es mit 18:2 MP und 24 BP verdient auf das oberste Treppchen gelangte. Ungeschlagen blieb auch die mit Silber dekorierte Lasker Schachstiftung GK mit 14:4 MP und 24 BP, doch vier Remisen waren zu viel, um mit den Briten Schritt zu halten. Überraschend ging die Bronzemedaille an die deutsche Mannschaft Saxonia mit Jürgen Kyas, FM Bodo Schmidt, FM Bernd Baum, Friedbert Prüfer und Alexander Okrajek, die für einen tollen Teamgeist belohnt wurde. Mit finalen 13:5 MP und 22,5 BP profitierten die Sachsen davon, dass den Engländern in der finalen Runde ein 2:2 für Gold reichte, was jedoch den Erfolg nicht schmälert. Sie distanzierten damit die Italiener um einen halben Brettpunkt.

Lettland vor Tschechien

Rainer Knaak und Artur Jussupow sicherten sich bei jeweils fünf gewonnenen Partien und vier Remisen mit sieben Punkten aus neun Partien die Goldmedaillen an den Brettern eins und zwei. Am dritten Brett war der italienische FM Mario Sibilio am besten. Die Wertungen an den Brettern vier und fünf (Reserve) entschieden Peter Large (England) und IM Nicolas Giffard (Frankreich) für sich. Die weibliche Equipe aus Lettland setzte sich bei jeweils 8:10 MP und 16,5 BP hauchdünn erst nach dritter Wertung vor den Gastgebern aus Tschechien durch, während sich die Polinnen über Bronze freuen durften.

In der folgenden scharfen Partie besiegte der amtierende 65-plus-Weltmeister Rainer Knaak mit den schwarzen Steinen den in Kasachstan geborenen Franzosen Anatoli Waiser, der 2010, 2013, 2014 und 2016 Seniorenweltmeister war.

Anatoli Waiser (Frankreich) – Rainer Knaak (Lasker Schachstiftung GK), Seniorenmannschafts-WM 65 plus, 9. Runde (1), Prag, 26. Februar 2025, Nimzowitsch-Indisch – Rubinstein-Variante

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.e3 (Beide Spieler sind Experten der damit eingeleiteten Rubinstein-Variante aus weißer Sicht. Rainer Knaak gewann jedoch schon auf seinem Weg zum WM-Titel 65 plus auch als Nachziehender eine Schlüsselpartie gegen Surab Sturua.) 4…0-0 5.Ld3 d5 6.cxd5 exd5 7.Sge2 b6 8.0-0 Lb7 9.f3 (Üblich ist 9.a3 Ld6 10.b4.) 9…Te8 10.Dc2 Lf8 11.g4?! (Zweischneidig … Besser war 11.Td1.) 11…h6 12.h4 c5! =/+ (Knaak beantwortet Waisers Königsangriff korrekt mit einem Gegenschlag im Zentrum.) 13.Sg3?! (Logischer erscheint 13.g5 hxg5 14.hxg5, wonach Schwarz jedoch über den starken Konter 14…Se4! verfügt. Nach 15.fxe4 Dxg5+ 16.Kf2 gewinnt 16…c4 17.exd5 cxd3 die geopferte Figur zurück, und die schwarze Dame wird im Verbund mit dem Läuferpaar dem weißen Monarchen keine Ruhe lassen: 18.Dxd3 Dg5+ 19.Kg2 Dg4+ 20.Sg3 La6 21.Dd1 Lxf1+ 22.Dxf1 Ld6 -/+ oder 20.Kf2 La6 21.Dd1 Sd7 22.Sg3 Sf6 -/+.) 13…Sc6 14.Dh2?! (Die Dame schaut im Hasardstil auf das Mattfeld h7.) 14…cxd4 15.exd4 Sxd4 16.g5 Sd7! (Natürlich fällt Knaak nicht auf 16…hxg5?? 17.hxg5 herein, wonach er den Sf6 verlöre, denn nach 17…Sd7?? würde 18.Dh7# folgen.) 17.Sb5 Se6 (Hier funktionierte sogar 17…Sxf3+! 18.Txf3 Te1+ 19.Tf1 Se5! -+ bzw. 19.Kf2 Se5! -+.) 18.Sf5 Sdc5 19.Td1? (19.Lc2, denn ohne den weißfeldrigen Läufer geht nichts mehr.) 19…Sxd3 20.Txd3 La6 21.a4 Lxb5 22.axb5 Dd7! 23.Dd2 d4 (23…Sxg5! 24.Txd5 Sxf3+ 25.Kf2 Sxd2 26.Txd7 Sb3 27.Tb1 Te5 28.Sg3 Txb5 -+) 24.b4 (24.gxh6 g6 25.Sg3 Dxb5 26.Se4 Le7 -+) 24…Dxb5 25.Sxd4 Sxd4 26.Txd4 Te2! (Nachdem der Angriff abgeschlagen wurde, macht sich Knaak nun über den schwachen weißen König her.) 27.Dc3 (27.Dd3 Dxd3 28.Txd3 Lxb4 -+) 27…Tae8 28.Ld2 Df5! 29.Tg4 Tc8 30.Dd4 h5 31.Tg2 Dxf3 -+ 32.Txe2 Dxe2 33.Te1 Df3 34.Te3 Dd1+ 35.Kf2 a5! (Der Weltmeister spielt auch in der Zeitnotphase genau.) 36.Te1 Db3 37.Dxb6 axb4 38.Db5 Dh3 39.Te4 Lc5+ 40.Le3 Df5+! (Erobert den Te4, denn 41.Tf4 scheitert wegen der Fesselung des Le3 an 41…Dxf4+.) 0:1.

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