Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 13.03.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Philosoph in den Widersprüchen seiner Zeit«

Zu jW vom 6.3.: »Das Subjekt will wirksam werden«

Martin Küppers Artikel über Erich Hahn, einen der prägenden Philosophen der DDR, war sehr verdienstvoll. Früher schon hatte er auch über Peter Ruben geschrieben. Zwei Ergänzungen möchte ich anfügen. Erich Hahn war der Staatsphilosoph der DDR in ihren späten Jahren. Er war als Mitglied des ZK der SED der politisch hochgestellteste Philosoph. Nur Kurt Hager war als Mitglied des Politbüros noch über ihm. Erich Hahn hielt auf Philosophiekongressen der DDR zumeist das inhaltliche Hauptreferat, wo er die Wünsche und Hoffnungen der politischen Führung in eine mehr philosophische Sprache übersetzte. Im Mittelalter war die Philosophie einstmals die Magd der Theologie gewesen. Bei Erich Hahn war die Philosophie intellektuell geschickt als Magd der Politik eingesetzt. Im Zweifel war immer die Politik das Entscheidende. Im gesellschaftlichen Leben der DDR spielt Erich Hahn eine ähnliche Rolle wie Hermann Kant, der Präsident des Schriftstellerverbandes. Kluge Leute, aber im Zweifel treue Parteisoldaten. Es gibt noch eine andere Seite von Erich Hahn. In der Zentralstelle für philosophische Information und Dokumentation, die beim Institut für marxistisch-leninistische Philosophie unter Leitung von Erich Hahn angesiedelt war, erschien ein Informationsbulletin »Aus dem philosophischen Leben der DDR«. Hier erschienen Berichte über Konferenzen und Arbeitstagungen, wo auch junge Nachwuchswissenschaftler publizieren konnten. Es wurde gesagt, dass Erich Hahn als Direktor alle diese Bändchen gelesen habe. Als Zensor hat er sich nie betätigt. Auch das gehört zur Persönlichkeit von Erich Hahn. Er war ein Philosoph in den Widersprüchen seiner Zeit.

Bernd Vogel, Leipzig

»Im Westen sehr gefragt«

Zu jW vom 6.3.: »Das Subjekt will wirksam werden«

Martin Küpper hat recht. Die Bücher von Erich Hahn waren seit der 68er Rebellion im Westen sehr gefragt. Ich hatte auf der Suche nach einschlägiger Literatur für meine Diplomarbeit in Soziologie 1972 brieflichen Kontakt mit Hahn, der mir sehr freundlich eine Auswahl wichtiger Bücher zur Industriesoziologie der DDR empfahl. Das hat mir sehr geholfen, und ich kann ergänzen, dass sein Werk, »Historischer Materialismus und marxistische Soziologie« (Dietz 1968), mir noch heute zu Diensten ist. In meinem Raubdruck steht ebenfalls: »Wir geben dieses Buch zu DM 2,- ab. Wer mehr als DM 3,- dafür verlangt, ist ein Schmarotzer und sollte entsprechend bestraft, d. h. beklaut werden.« In Anlehnung an Lenin hat Hahn 1972 einen wichtigen Beitrag zum damaligen 70. Jahrestag von »Was tun?« geliefert (DZfPH 7/72). Dieser Beitrag ist von großer Aktualität. Es geht um »Spontaneität und Klassenbewusstsein« und darum, wie eine kommunistische Partei als Helferin zu einer Transformation des spontanen Klassen- in wissenschaftliches Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse beitragen kann. Dass im Grunde genommen jede marxistische Partei die Wut und Verzweiflung der Machteliten dieser Welt hervorrufen muss, zeigt sich nicht zuletzt bei Herrn Trump mit dessen Blick auf die chinesische KP und Kuba, sondern auch hier bei uns mit der geradezu versessenen Wut auf alles, was mit Kommunismus oder radikaler Gesellschaftsveränderung in Zusammenhang zu bringen ist. Und die Herrschaften haben in ihrem Sinne ja recht, denn die »weltbefreiende Tat durchzuführen, ist der geschichtliche Beruf des modernen Proletariats. Ihre geschichtlichen Bedingungen, und damit ihre Natur selbst, zu ergründen und so der zur Aktion berufenen, heute unterdrückten Klasse die Bedingungen und die Natur ihrer eigenen Aktion zum Bewusstsein zu bringen, ist die Aufgabe des theoretischen Ausdrucks der proletarischen Bewegung, des wissenschaftlichen Sozialismus.« (Friedrich Engels, MEW 19, S. 228) Damit ist und bleibt das Proletariat das historische Subjekt der Zukunftsgestaltung, und die KP dieser Welt sind an seiner Seite, denn wer sonst könnte sozialistisches und damit wissenschaftliches Bewusstsein in die Arbeiterklasse hineintragen?

Manfred Pohlmann, Hamburg

Drama mit Ankündigung

Zu jW vom 10.3.: »Den Mördern überlassen«

Wie groß war doch der Jubel in den deutschen Medien, als die Milizen in Syrien die Macht übernahmen. Da spielte es überhaupt keine Rolle mehr, was sie vorher so alles im Lande getrieben hatten. Die Vorstellung, jetzt eventuell von der Neuaufteilung des syrischen Kuchens profitieren zu können, spülte alle logischen und moralischen Bedenken hinweg. Halsabschneider oder nicht, egal. Hauptsache, wir können ein Stück von der Beute ergattern. Das jetzige Drama war vorhersehbar. Syrien versinkt weiter im Sumpf. Und ehrlichen Menschen blutet darüber das Herz.

Joachim Seider, Berlin

Der doppelte Georg

Zu jW vom 5.3.: »Dem Dichter eine Gasse«

Vielen Dank für die schöne und angemessene Würdigung der großen Germanistin und Herausgeberin! Aber als »ersten und bedeutendsten Dichter des deutschen Proletariats« hat Friedrich Engels den anderen großen Georg der vormärzschen literarischen Linken bezeichnet: Georg Weerth, nicht Herwegh. Auch Weerth war ein früher, europa- und weltweit agierender Communist im Umfeld von Marx und Engels, und auch er hätte eine historisch-kritische Gesamtausgabe und eine Herausgeberin wie Ingrid Pepperle verdient, wie sein Kollege Herwegh.

Patrick Eiden-Offe, Berlin

Georg Weerth war ein früher, europa- und weltweit agierender Communist im Umfeld von Marx und Engels, er hätte eine historisch-kritische Gesamtausgabe und eine Herausgeberin wie Ingrid Pepperle verdient, wie sein Kollege Herwegh.

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