Alarmierende Zustände bei Tesla in Grünheide

Die IG-Metall-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg-Sachsen informierte am Freitag über alarmierende Zustände bei Tesla in Grünheide:
Bei Tesla in Grünheide benötigen Mitglieder rund 21mal so häufig den Rechtsschutz der Gewerkschaft wie im Durchschnitt der IG Metall. Dies berichtet die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen. Grund für das hohe Aufkommen an juristischen Auseinandersetzungen ist das massive Vorgehen des Managements gegen die eigenen Beschäftigten. Tesla zweifelt in großem Umfang ärztliche Atteste an, verweigert die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und behält Entgelt ein. »Mit diesem inakzeptablen Vorgehen treibt das Unternehmen immer wieder Kolleginnen und Kollegen in finanzielle Not«, sagt IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze.
Bei der IG Metall geht eine Vielzahl ähnlicher Fälle ein: Oft zweifelt Tesla in einem ersten Schritt rückwirkend Krankschreibungen von Beschäftigten an und fordert dazu auf, Diagnosen offenzulegen und die Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Oft folgt als nächstes der Einbehalt von Entgelt. Pfändungsfreigrenzen werden ignoriert, nicht selten wird kein einziger Euro überwiesen. Im Gespräch werden die Beschäftigten mit dem Verweis auf angebliche »Schulden« durch eine vermeintliche »Überbezahlung« unter Druck gesetzt. Dies soll sie dazu bewegen, ihren Arbeitsplatz aufzugeben und einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Damit seien sie diese »Schulden« bei Tesla los. Bedenkzeit für eine juristische Prüfung des Vertrags wird oft verweigert. Das Angebot gelte nur, wenn sofort unterzeichnet würde, heißt es.
Dirk Schulze, IG-Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen: »Wir raten allen Beschäftigten bei Tesla, Aufhebungsverträge nie ohne vorherige Prüfung zu unterschreiben und sich mit juristischer Unterstützung gegen dieses Vorgehen zu wehren. Alle IG-Metall-Mitglieder können sich dafür auf unseren Rechtsschutz verlassen. Die vermeintlichen Überbezahlungen sind in fast allen Fällen nichts als haltlose Behauptungen. Allein im vergangenen Jahr haben wir mit unseren Mitgliedern fast eine halbe Million Euro von Tesla erstritten. Geld, das die Beschäftigten verdient haben und das sonst in der Tasche des reichsten Menschen der Welt gelandet wäre.«
»Ich fordere die Werkleitung in Grünheide auf, diese Praxis sofort einzustellen. Es muss Schluss sein mit der völlig unzulässigen Einschüchterung der Kolleginnen und Kollegen. Für die Betroffenen und ihre Familien ist es eine unglaubliche Belastung, wenn sie nicht wissen, ob sie im nächsten Monat genug Lohn bekommen, um ihre Miete zu zahlen. Das Vorgehen der Werkleitung ist nicht nur hochgradig unseriös und inhuman, sondern auch kontraproduktiv. Hohe Krankenstände bekämpft man nicht durch Druck auf die Beschäftigten, sondern durch bessere Arbeitsbedingungen. Unsere Umfrage zur Arbeitsbelastung hat klar gezeigt, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.«
Im vergangenen Herbst haben aktive Metallerinnen und Metaller in der Tesla-Belegschaft eine Umfrage zu den Arbeitsbedingungen durchgeführt, an der sich über 1.200 Beschäftigte beteiligten. Die wichtigsten Ergebnisse: 83 Prozent der Tesla-Mitarbeiter fühlen sich oft oder sehr oft überlastet. Nur jeder zehnte glaubt, die aktuelle Arbeitssituation bis zur Rente aushalten zu können. 91 Prozent der Befragten leiden unter körperlichen Beschwerden wie Kopf-, Nacken-, Gelenk- oder Rückenschmerzen. (…)
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