Schatztruhe des Tages: Kinderzimmer
Von Susanne Knütter
Am Montag veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung eine neue Studie. Tenor: Wird das »Bürgergeld« reformiert, soll das auch die Verwaltungen der Jobcenter umfassen. Denn dort werde immer weniger Geld für »Arbeitsförderung« und immer mehr Geld für das Verwalten ausgegeben. Viele Medien berichteten. Am Dienstag nun wird der Zoll das Kinderzimmer eines 11jährigen in Chemnitz durchwühlen. Auf der Suche nach Verkäuflichem im Wert von 465,19 Euro. So hoch ist der Betrag, den das Jobcenter von dem Kind zurückfordert, wie das Portal gegen-hartz.de meldet. Presseberichte? Bisher nicht.
Ein Versehen? Nein. Der Brief war an die Mutter adressiert, Adressat der Pfändung aber der Sohn, sagte Rechtsanwältin Silke Brewig-Lange, die die Familie vertritt, gegenüber jW. Und zwar der jüngere. Es gibt auch noch einen älteren Sohn. Weil der aber gerade 18 geworden ist, fällt er unter den »Schutz« der sogenannten »Minderjährigenhaftung«. Damit Kinder aus Bedarfsgemeinschaften nicht mit Schulden ins Erwachsenenleben starten, haften sie bei einer Rückzahlung nur mit dem, was sie zum 18. Geburtstag auf ihrem Konto haben. Und da war nichts zu holen. Es wird noch verrückter. Den Bescheid, um den es geht, kennt keiner, auch beim Jobcenter nicht. Er soll vom 20. Februar 2020 sein. Damals hieß Bürgergeld noch Hartz IV. Auch Mahnungen habe es nicht gegeben.
Vielleicht stellt sich am Ende heraus, dass die Höhe der Forderungen nicht stimmt. Eine Familie ist so oder so um ein paar Einsichten reicher. Der Leiharbeiterjob des Vaters lohnt sich nicht. Zuwenig Geld, zu unbeständig die Zahlungen, zu anspruchsvoll für das Jobcenter. Ohne das müsste der »Bedarf« nicht ständig neu berechnet werden. Aber eine Garantie dafür, dass Kinderzimmer nicht heimgesucht werden, wäre das auch nicht. Und die kommende »Bürgergeldreform«, für die die Bertelsmänner trommeln, garantiert nur, dass eher mehr als weniger Kinderzimmer durchsucht werden.
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