Partner im Wirtschaftskrieg
Von Jörg Kronauer
Beijing reagiert auf die Verschärfung des US-Wirtschaftskriegs gegen China mit verstärkter Werbung um Investitionen westlicher Unternehmen. Die Volksrepublik werde den Zugang zu ihrem riesigen Markt weiter öffnen, kündigte Ministerpräsident Li Qiang am Sonntag in seiner Rede zur Eröffnung des diesjährigen China Development Forums an. Zugleich forderte er die anwesenden Konzernchefs auf, sich bei ihren westlichen Regierungen für eine offene Weltwirtschaft stark zu machen; sie profitierten von der Globalisierung und sollten sich daher auch entschieden für sie einsetzen, wenn sie etwa durch die Zollschlachten der US-Regierung gefährdet sei. In China jedenfalls fänden sie in ihrem Streben nach offenen Märkten einen verlässlichen Verbündeten, so Li.
Das China Development Forum, das an diesem Montag zu Ende geht, wartete trotz der sich immer weiter zuspitzenden weltweiten Spannungen mit allerlei ausländischer Wirtschaftsprominenz auf. Mehr als 80 Spitzenfunktionäre führender Konzerne aus aller Welt reisten an. So waren etwa US-Chipproduzent Qualcomm, die deutschen Autobauer BMW und Mercedes-Benz, Saudi Aramco, die HSBC oder der japanische Finanzkonzern Mizuho vor Ort.
Ihr Interesse am China-Geschäft ist trotz aller widrigen Rahmenbedingungen unverändert. Dies liegt längst nicht mehr nur an der immensen Größe des chinesischen Markts, sondern vor allem auch daran, dass die Industrie in der Volksrepublik mittlerweile ein fast einzigartiges Hightechumfeld bildet. Dieses lobte am Sonntag in Beijing unter anderem Siemens-Chef Roland Busch. Mit einem mächtigen industriellen »Ökosystem« wie dem chinesischen könne man künftig neue Wachstumspotentiale entfesseln, meinte er.
Die stärkste nationale Delegation auf dem diesjährigen China Development Forum kommt aus den USA. Vertreten sind laut Berichten etwa die Investmentfirma Blackstone, der Logistikkonzern Fedex und das Pharmaunternehmen Pfizer; die Vorsitzenden des Pharmakonzerns Eli Lilly und des Chipkonzerns Broadcom trafen schon am Freitag mit Chinas Handelsminister Wang Wentao zusammen.
Auch Apple-Chef Tim Cook hielt sich am Wochenende in der chinesischen Hauptstadt auf. Sein Konzern produziert in China unter anderem I-Phones für den US-Markt und wird von den neuen US-Zöllen hart getroffen. Diente das China Development Forum, das seit 2000 regelmäßig stattfindet, zunächst vor allem dazu, westliches Kapital und mit ihm westliche Technologie ins Land zu holen, so soll es jetzt helfen, innerhalb des westlichen Establishments taktische Verbündete gegen den vor allem von den USA forcierten Wirtschaftskrieg zu gewinnen. Dazu sucht Beijing, das simple Profitinteresse westlicher Konzerne zu nutzen.
Und wenn das nicht gelingt? Ministerpräsident Li warnte zur Eröffnung des Forums, sollte »die Welt zum Gesetz des Dschungels zurückkehren«, dann sei das »ein Schritt rückwärts in der Geschichte und eine Tragödie für die Menschheit«. China sei auf alles vorbereitet, auch »auf mögliche unerwartete Schocks«, die »aus äußeren Quellen« kämen; Beijing werde bei Bedarf die nötigen Kurskorrekturen einleiten. Den anwesenden Konzernfunktionären dürfte klarer als vielen anderen sein, was das für ihr China-Geschäft bedeutet.
Im Anschluss an das China Development Forum ist für Freitag ein Treffen ausgewählter westlicher Konzernfunktionäre mit Präsident Xi Jinping angekündigt. Bereits am Dienstag beginnt auf der südchinesischen Ferieninsel Hainan das diesjährige Boao Forum for Asia, das nach dem Modell des Weltwirtschaftsforums gestaltet ist; es wird daher zuweilen »asiatisches Davos« genannt.
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