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Aus: Ausgabe vom 24.03.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Kürzungen in den USA

Musk rüstet ab

DOGE streicht Atombehörde zusammen. Absenkung nuklearer Fähigkeiten erwartet.
Von Sebastian Edinger
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Eine Fusionskammer der US-Atombehörde NNSA

Die Kürzungsorgien im öffentlichen Dienst der USA finden auch unter den republikanischen Parteifreunden von US-Präsident Donald Trump vermehrt Gegner. Wie die Financial Times am Sonntag berichtete, mühen sich US-Konservative verstärkt, ihre Wähler im Staatsdienst zu beschwichtigen.

Denn diese machen auch vor der Nuklearsicherheitsbehörde (National Nuclear Security Administration, NNSA) nicht Halt. Wie die New York Times vergangene Woche berichtete, haben bereits 130 der rund 2.000 Beschäftigten Angebote der von Elon Musk geleiteten Kürzungsbehörde (DOGE) angenommen, gegen eine Abfindung zu kündigen. 27 weitere seien entlassen worden. Die dem Energieministerium unterstellte Behörde verantwortet die Verwaltung und Modernisierung des US-amerikanischen Atomwaffenarsenals mit seinen 3.748 Atombomben und -sprengköpfen.

Dabei gilt die NNSA als chronisch überlastet. Seit 2018 setzt sie jährlich ein zwanzig Milliarden US-Dollar schweres Modernisierungsprogramm um. Die Anschaffungen: nuklearwaffenbestückte U-Boote, strategische Bomberflugzeuge, landgestützte Raketen und neue Atombombentypen, kleinere mit mehr Wumms und solche mit weniger Wumms, die im Falle eines begrenzten Nuklearkriegs abschrecken sollen. Bis 2040 werden für dieses von Trump angestoßene Projekt schätzungsweise 1,7 Billionen US-Dollar aufgewendet.

Der US-Präsident hat anscheinend wenig Interesse, die Aufrüstung weiterzutreiben. Im Februar hatte er angekündigt, international über atomare Abrüstung verhandeln zu wollen: Nach dem Ukraine-Krieg wolle er mit Chinas Präsident Xi und Russlands Präsident Putin verhandeln und anbieten: »Lasst uns unseren Militärhaushalt um die Hälfte kürzen.« Mit den bestehenden Atomwaffen könne man »die Welt 50 Mal, 100 Mal zerstören«, so Trump. Eine Menge Geld würde ausgegeben, das anderswo »hoffentlich viel produktiver« sei.

Die NNSA-Kürzungen dürften deren Arbeitsfähigkeit deutlich einschränken, die Modernisierung des Atomwaffenarsenals bremsen und sich so de facto als erster Schritt nuklearer Abrüstung entpuppen. Jedenfalls würden die Maßnahmen »die Arbeit schwieriger machen«, sagt etwa Scott Roecker, Vizepräsident der in Washington ansässigen Nuclear Threat Initiative. »Wertvolle Führungskräfte« mit »komplexen, hochspezialisierten Aufgaben« seien verlorengegangen.

Beschwichtigung daher auch aus dem Energieministerium. »Die NNSA ist entschlossen, ihre entscheidende nationale Sicherheitsmission fortzusetzen«, ließ Ressortsprecherin Andrea Woods verlautbaren, die zudem Nichtverbreitung und Terrorismusbekämpfung als Ziele umriss. Das Ministerium teilte mit, entlassene Beschäftigte hätten vor allem bürokratische und administrative Aufgaben übernommen.

Die New York Times kommt nach der Analyse interner Dokumente und Interviews mit aktuellen und ehemaligen Behördenvertretern allerdings zu dem Ergebnis, dass das auf die Mehrheit der Geschassten nicht zutrifft. Viele hätten eine sogenannte Q-Freigabe besessen, die Zugang zu streng geheimen Informationen darüber gewähre, wie US-Atomwaffen entworfen, hergestellt und eingesetzt werden. Demnach befänden sich unter den Abgängen mindestens 27 Ingenieure, 13 Programm- und Projektanalysten sowie fünf Wissenschaftler.

Ursprünglich hatte DOGE sogar vorgesehen, neben den mit Abfindungen abgespeisten Fachkräften 300 weitere NNSA-Mitarbeiter zu feuern. Nach Protesten wurden viele überstürzte Kündigungen aber vorerst zurückgenommen. Zugleich wurde die NNSA so wie andere Behörden angewiesen, Pläne für weitere Stellenstreichungen einzureichen. Die große Kürzungsorgie dürfte also bald weitergehen.

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