Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Dein roter Faden in wirren Zeiten
Aus: Ausgabe vom 07.04.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Zwang als Pflicht und Vergnügen

Zu jW vom 1.4.: »Pflicht zur Freiwilligkeit«

Ein »Freiheitsdienst« soll Freiheit verteidigen, Generationen und Milieus verbinden, die Gesellschaft stärken und robuster machen. Quasi soll auf gesellschaftlicher Ebene ein Pendant zur »eierlegenden Wollmilchsau« geschaffen werden. Freiwillig! »Und wer sich beim Hopsen nicht amüsiert, dem soll die Peitsche kuranzen« (»Das Sklavenschiff«, Heinrich Heine 1854/55).

Dass Dienst, der Zwang zur Erfüllung von Pflichten, Ausdruck von Freiheit sein kann, ist schon schwer nachvollziehbar, noch schwerer die damit verknüpften Wunschvorstellungen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Handwerksmeister händeringend Nachwuchs für ihre Gewerke suchen. Handwerker kommunizieren intensiv mit Bürgern, lösen mit praktischer Arbeit deren Probleme und genießen deshalb eine hohe Ausstrahlung und hohes Ansehen. Zur Finanzierung des Staatsapparates werden dem Handwerk erhebliche Steuern und Abgaben abverlangt. Wenn diese benutzt werden, um mit großzügigen finanziellen Angeboten auch noch Berufsnachwuchs für den Dienst in der Bundeswehr abzuwerben, falls sich doch noch jemand für die Fortführung eines Handwerks begeistern lässt, dieser zum »Freiheitsdienst« verpflichtet wird, so auch für eine beachtliche Zeit für das Handwerk ausfällt, wird das kaum den Handwerksmeister beglücken und den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. Der bürokratische Aufwand und die Konkurrenz des »Freiheitsdienstes« für bestimmte Dienstleister bleiben unerwähnt.

Werner de Martin, per E-Mail

Gulaschkanone vorm Altenheim

Zu jW vom 31.3.: »Streit um Russland-Sanktionen«

Manche, aber sehr wenige, in der Union kommen einem vor wie der sprichwörtliche Rufer in der Wüste. Kretschmer gehört zu diesen Rufern, zumindest was die Wirtschaftssanktionen betrifft. Mit seinen Gedanken steht er links von SPD und den Olivgrünen. Und die Grünen in Bayern schlagen nun auch noch vor, einen »Freiheitsdienst« einzuführen – für alle zwischen 18 und 67. Ich sehe mich schon mit Rollator an der Feldküche stehen und Wassersuppe an die tapferen Helden, die ins Feld für Ruhm und Ehre ziehen, verteilen. Oder brauchen wir dann wieder Luftschutzwarte? Wie krank ist diese Gesellschaft? Was geht in diesen Köpfen vor, die so etwas aushecken? Gehen diese Politiker voran und nehmen ihre Kinder mit – die dann in Kinderbetreuungskompanien abgegeben werden? Sicher nicht! Sie werden, da in Regierungs-»Verantwortung«, sich aus dem Schlamassel raushalten, den sie uns allen einbrocken. Wie die Regierenden in den Jahren 1914–1918 und 1933–1945. Heimatschutzdivision (früher Volkssturm) gibt es auch schon – mit der konkreten Aufgabe, auch bei Protesten im Land gegen die eigenen Bürger tätig zu werden. Bürger – merkt ihr, was hier passiert? Der Militarismus ist zwar nicht nur ein deutsches Phänomen, hat hier aber ein ganz besonders ekliges, nämlich massiv reaktionäres, Gesicht. Am deutschen Wesen … Seit vorletzter Woche ist das Geld dafür da, es kann also losgehen. Aber ohne mich. Ich stecke die erste Waffe, die man mir in die Hand drückt, mit dem Lauf in den Sand … und da bin ich zumindest kompromisslos – im Gegensatz zu Grünen, SPD und der Führung der Partei Die Linke, natürlich auch der CDU/CSU. Mich und meine Kinder bekommt ihr nicht!

Andreas Eichner, Schönefeld

Endlich angekommen

Zu jW vom 3.4.: »Der Freund steht immer im Westen«

Ach ja, wie sich die Zeiten geändert haben. Und damit auch die ehemaligen »Linken« in der BRD, die Ende der 1960er und in den 1970er Jahren noch an der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten in der sogenannten dritten Welt standen und den realen Sozialismus, auch in der DDR, immer in Frage stellten. Einst »kämpften« diese »Linken« gegen den (west-)deutschen Staat und dessen Kapital, aber inzwischen sind diese ehemaligen Revoluzzer in diesem kapitalistischen Staat angekommen und haben sich eingerichtet.

Joachim Becker, Eilenburg

Verfolgungsjagd

Zu jW vom 31.3.: »Politraser des Tages: Armin Laschet«

Alle Extremraser unter den »Verkehrssündern« werden es schade finden, dass Laschet seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid kampflos zurückgezogen hat. Wäre er damit vor Gericht durchgekommen, hätten alle eine unschlagbare Ausrede für Geschwindigkeitsübertretungen gehabt, und die Polizei hätte sich alle Überwachungsmaßnahmen sparen können!

Andreas Kubenka, Berlin

Weniger ist mehr

Zu jW vom 31.3.: »Größte Industrieschau«

Wirtschaftswachstum um jeden Preis? Seit über 50 Jahren warnt der Club of Rome vor den Gefahren grenzenlosen Wachstums, doch die Weltwirtschaft hat sich seither verfünffacht. Die Folgen? Immer größere Ungleichheit, eine extreme Konzentration des Kapitals in den Händen weniger und ein eskalierender Klimawandel, der maßgeblich durch die wirtschaftliche Produktion angetrieben wird. Trotzdem wird das Schrumpfen der deutschen Wirtschaft als Katastrophe dargestellt – ist das wirklich der richtige Blickwinkel? Das eigentliche Problem liegt doch darin, dass soziale Sicherungssysteme direkt an das Wirtschaftswachstum gekoppelt sind. Doch warum sollte es uns automatisch schlechter gehen, wenn die Wirtschaftsleistung nachlässt? Eine Wirtschaft, die sich um unser Wohlergehen statt um Profite für eine kleine Elite kümmert, könnte uns ein gutes Leben ermöglichen – auch mit weniger Wachstum. Es würde uns nichts ausmachen, wenn wir die Produkte der Wirtschaft etwas länger benutzen, anstatt sie bereits nach der halben Gebrauchsdauer (Quelle: Oxfam et al.) zu entsorgen, damit etwas Neues gekauft werden kann, um das Wachstum aufrechtzuerhalten. Wir werden uns auch nicht ewig gegen die zunehmende Automatisierung der Wirtschaft zur Wehr setzen können. Deshalb wäre es wichtig, dass sich die Gewerkschaften, anstatt mehr Arbeitsplätze zu fordern, dafür stark machen, dass Arbeitslose nicht schlechter gestellt sind als Beschäftigte. Dann wäre auch das Schrumpfen der Wirtschaft kein Fluch mehr, sondern ein Segen für uns und unsere Erde.

Eberhard Licht, Berlin

Dann wäre auch das Schrumpfen der Wirtschaft kein Fluch mehr, sondern ein Segen für uns und unsere Erde

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