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Aus: Ausgabe vom 07.04.2025, Seite 16 / Sport
Fußball

Scheitern als Chance

Zur Gruppenphase der U17-Südamerikameisterschaft
Von André Dahlmeyer
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Bessere Zeiten klingt gut: Brasiliens Extorschützenkönig Ronaldo Luís Nazário de Lima

In Kolumbien ist am Wochenende die Gruppenphase der zwanzigsten U17-Südamerikameisterschaft zu Ende gegangen. Ab sofort wird dieser Wettbewerb jährlich ausgetragen, weil die am Hungertuch nagende FIFA die Rechte der kommenden fünf U17-Weltmeisterschaften an Katar verhökert hat, die nun auch jährlich stattfinden. Die nächste im November, erstmals werden 48 Nationalteams partizipieren.

Bei der U17-Südamerikameisterschaft werden statt der üblichen vier WM-Plätze derer sieben ausgekickt. Scheitern als Chance. Der Qualifikationsmodus wurde geändert. Erstmals werden Halbfinals und Finals gespielt, die bisher gängigen Hexagonals, bei denen sich vier von sechs Nationalteams für die WM qualifizierten, fallen weg. Die beiden letzten der Fünfergruppen bleiben auf der Strecke, der Rest hat maximal zwei Chancen, sich in den Playoffs doch noch zu qualifizieren. Um Ränge auf dem Podium kicken die nicht mehr.

Bei den bisherigen neunzehn Wettbewerben seit 1985 gewann insgesamt nur zweimal weder Brasilien noch Argentinien: 1986 in Lima, Peru (damals noch U16), siegte Bolivien, absoluter Superstar des Turniers war Marco »Teufel« Etcheverry, der später, in der WM-Qualifikation für 1994 bei den Großen maßgeblich daran beteiligt war, dass sich Bolivien erstmals regulär für eine WM-Endrunde qualifizieren konnte. Indes, Etcheverrys Partizipation an dem Mundial war kurz. Im WM-Eröffnungsspiel gegen Titelverteidiger Deutschland im Soldier Field von Chicago wurde er in der 79. Minute eingewechselt, nach drei Minuten durfte er mit roter Karte frühduschen, Sternschnuppengastspiel.

1993 in Kolumbien gewannen unbesiegt die Gastgeber. Torschützenkönig wurde jedoch mit acht Einlochungen ein gewisser Ronaldo Luís Nazário de Lima (der Dicke), ein gerade mal 16jähriger Brasilianer. Im letzten Match hatten die Cafeteros heldenhaft 2:2 gegen Brasilien gespielt und sich damit den Titel gesichert, Brasilien wurde am Ende Vierter und verpasste die U17-WM in Japan. Im Jahr darauf wurde Ronaldo entschädigt: Bei der WM der Großen in den USA wurde er erstmals Weltmeister. Mit der U23 gewann er 1996 in Atlanta, Georgia olympische Bronze (nach Niederlagen gegen Japan und Nigeria).

Titelverteidiger Brasilien, der die Statistik der U17-Südamerikameisterschaft mit 13 Triumphen vor Argentinien (vier) klar anführt, startete mit einem lustlosen 1:1 gegen Uruguay in den aktuellen Wettbewerb. Danach gab es nur noch Siege – die aber wenig überzeugten. Gegen Venezuela fiel der einzige Treffer des Spiels erst zwei Minuten vor Schluss. Im abschließenden Match gegen Ecuador ging es für beide um den Gruppensieg. Zweimal führte Ecuador, zweimal schlug der Titelverteidiger zurück, ehe Luís Gustavo (Red Bull Bragantino) in Minute 89 der Siegtreffer zum 3:2 für die Mini-Brasucas gelang. Das bedeutete den Gruppensieg. Da Venezuela, das ein tolles Turnier spielt, gleichzeitig gegen Uruguay nach zweimaligem Rückstand in Minute 95 noch das 2:2 durch Juan Uribe (Caracas FC) gelang, zog der Vize-Südamerikameister von 2013 noch an Ecuador vorbei und buchte ebenso und völlig verdient das Ticket zur dritten WM-Teilnahme. Uruguay schied sieglos aus. Nach der verpatzten Quali für die U20-WM in Chile (September/Oktober) im Februar in Venezuela erneut ein katastrophaler Rückschlag für das Balltreten der Charrúas.

In Gruppe A hätte Argentinien im letzten Match gegen Gastgeber Kolumbien ein Remis gereicht, um sich direkt für die WM zu qualifizieren bzw. um den Südamerikatitel zu kicken. Es kam anders. Schon nach 16 Minuten hatten die Cafeteros durch Criss Macías (Millonarios Bogotá) und Santiago Londoño (Envigado FC) die Reusen der völlig überforderten Truppe um Coach Diego Placente perforiert. Nach der Pause verbesserten die Silberländer ihre Performance, spielten mit dem Herz in der Hand, doch mehr als der Anschlusstreffer per Strafstoß durch Thomás de Martis (CA Lanús) wollte trotz zweier Großchancen in der Nachspielzeit einfach nicht gelingen. Für die WM qualifizierten sich Kolumbien und Chile, das durch einen Penal von Alonso Olguín (Colo-Colo) in Minute 111 mit 1:0 gegen Paraguay gewann. Peru schied punkt- und torlos aus. Es ist erst das dritte Mal, dass Argentinien sich nicht unter den besten vier des Wettbewerbs befindet. Morgen kicken sie gegen Bolivien um einen WM-Platz (genau wie Ecuador gegen Paraguay). Die Halbfinals (Brasilien-Chile, Kolumbien-Venezuela) finden am Mittwoch statt, die Finals am Sonnabend.

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