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Aus: Ausgabe vom 14.04.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Alter Plunder: Sozialpartnerschaft

Zu jW vom 8.4.: »Dämme gebrochen«

»Voraussetzung für die Übernahme ist, dass Auszubildende und dual Studierende des Bundes und anderer Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen.«

Was man dann wie üblich vom Verfassungsschutz überprüfen lässt. Und das mit gewerkschaftlichem Segen! Das ist eine Katastrophe! An dieser Stelle sollten wir daran erinnern, dass nach Artikel 9 des GG Vereinigungen wie z. B. Gewerkschaften gegründet werden können. Grundsatz ist die »Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen«, kurz: Es geht um das allgemeine Recht der Koalitionsfreiheit. Im Jahre 1952 wurde dieses Recht infolge der damaligen Rechtsprechung sehr eingeschränkt interpretiert und hat bis heute Bestand. Das damalige Urteil hat rigoros festgelegt, dass politische Forderungen in diesem Sinne nicht zulässig seien; so sind z. B. bis heute Streiks, die sich nicht auf nur tarifvertragliche Sachverhalte wie Eingruppierungen, Urlaubsansprüche o. ä. beziehen und politische Forderungen, wie z. B. die Demokratisierung des Wirtschaftslebens fordern, verboten. Wohlgemerkt wäre ein solches Verbot nicht durch Gesetz zu begründen! Es handelt sich ausschließlich um sogenanntes Richterrecht.

Aus alldem ergibt sich, dass die potentiell mächtigsten »Vereinigungen« in Form der DGB-Gewerkschaften als Vertretung der abhängig Beschäftigten bereits seit 1952 politisch kastriert sind. Der DGB ist demnach auf rein defensives Handeln beschränkt. Jedwede Forderung nach Beschränkung wirtschaftlicher Macht oder gar Enteignung bei Verstoß gegen die durch das GG festgelegte Sozialverpflichtung des Eigentumsgebrauchs ist damit ausgeschlossen. Wie kann eine solche Auslegung von Recht in einer Republik Platz haben, wo doch faktisch gesichert ist, dass der Eigentumsmissbrauch der wirtschaftlich Mächtigen, also die Krupps und Thyssens, den Hitlerfaschismus an die Macht geschoben hat?

Nicht umsonst haben nach 1945 bis in die Reihen der CDU die politischen Parteien wie SPD und KPD die Enteignung der Schlüsselindustrien und Monopole gefordert. Volksabstimmungen in einigen Bundesländern haben dazu geführt, dass noch heute ähnliche Forderungen in ihren Verfassungen festgeschrieben sind. Es gibt auch dafür eine ziemlich einfache Erklärung. Wenn wir nachforschen, wer höchstpersönlich für die noch immer restriktive Auslegung der Koalitionsfreiheit federführend war: Es war der hochangesehene Jurist Hans Carl Nipperdey, der das damalige Urteil (1952) fällte, die Auslegung des GG bis heute maßgeblich beeinflusst hat und sein Handwerk als überzeugter Nazi zwischen 1933 und 1945 erlernt und ausgeübt hat und nach 1945 sogar eine Zeitlang Präsident des Bundesarbeitsgerichts (1954 bis 1963) war! So schließt sich denn der Kreis. Aber auf die oben beschriebene Festlegung der Bewerber auf das Phantom »FDGO« ist beileibe keine »Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen«. Sie bedeutet im Klartext, den Maulkorb noch mal weiter zu straffen, um unbotmäßiges Verhalten oder Kritik einzuschränken. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sollten dringlichst überlegen, ob sie nicht in naher Zukunft mit aller Macht und Entschlossenheit für ein umfassendes Streikrecht kämpfen und den alten Plunder von der sogenannten Sozialpartnerschaft schleunigst ablegen wollen.

Manfred Pohlmann, Hamburg

Schwur erneuert

Zu jW vom 7.4.: »Herumtrampeln«

Ich bin auf dem Ettersberg gewesen. Habe viele gute, inhaltlich sehr fundierte Gespräche geführt – mit Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet. Froh stimmte mich die Anwesenheit vieler junger Menschen, aus Deutschland und aus dem Ausland. Angewidert hat mich eines – einer derjenigen, die die Faschisten huldigen, die Stepan Bandera und seine Horden als Patrioten sehen, lief mir über den Weg. Es war der Botschafter der Ukraine, Olexij Makejew. Daraufhin habe ich für mich entschieden: Ich stelle mich zur Gedenkveranstaltung nicht auf einen Platz mit diesem Faschistenverehrer. Man kann mich feige nennen. Nein, ich würde damit das Gedenken an 51.000 getötete Insassen des Lagers beschmutzen. Und das möchte ich den Getöteten nicht antun. Dafür habe ich für mich und meine Familie am Mahnmal am Glockenturm den Schwur von Buchenwald erneut verlesen, und zwar sehr laut.

Andreas Eichner, Schönefeld

Gebot der Stunde: Antifaschismus

Zu jW vom 7.4.: »Mahnung zur Wachsamkeit«

Der Schwur von Buchenwald hat angesichts der bedrohlichen Rechtsentwicklung in Europa ganz besondere Bedeutung und hebt unser aller Verantwortung für die Bewahrung des Friedens und der Demokratie hervor. Antifaschismus ist und bleibt das Gebot der Stunde. Wir sind das nicht nur den Opfern der faschistischen Diktatur und den Überlebenden schuldig, sondern auch uns selbst und den kommenden Generationen.

Ralph Dobrawa, Gotha

Sonnenbad im Frieden

Zu jW vom 3.4.: »Griechenland rüstet bis 2036 drastisch auf«

Teure Aufrüstung auch in Griechenland. Ich hatte schon davon geträumt, die vor nicht langer Zeit durch die Bankenkrise gebeutelten Mittelmeerländer könnten aus Sparsamkeit aus der NATO ausscheren: Portugal, Spanien – dessen Bevölkerung im Unterschied zur west- und ostdeutschen vor dem Beitritt sogar gefragt wurde und leider knapp zugestimmt hatte –, Italien … und eben Griechenland.

Zusammen mit den formal noch immer neutralen Alpenrepubliken ergäbe sich ein stattlicher blockfreier Raum, dem sich die BRD anschließen sollte. Der Unfug des schwedischen und finnischen Neutralitätsbruchs wäre per Saldo mehr als ausgeglichen. Sollen doch perspektivisch die USA mit Polen allein NATO spielen – und die Menschen in Mittel- und Südeuropa sich entspannt zurücklegen und ihre Geldmittel für menschenfreundlichere Ausgaben verwenden. Null Prozent des BIP für Militär und damit zugleich mehr Sicherheit! (…)

Bernhard May, Wuppertal

Der Schwur von Buchenwald hat angesichts der bedrohlichen Rechtsentwicklung in Europa ganz besondere Bedeutung.

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