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Liebe Leserinnen und Leser,
im September war in jW zu lesen: »Die Polizei in Sachsen-Anhalt befürchtet ab kommendem Jahr Gewaltakte im Zusammenhang mit der sogenannten Arbeitsmarktreform ›Hartz IV‹. Zur Abwehr erarbeitet sie derzeit auf der Grundlage eines entsprechenden Erlasses des Magdeburger Innenministeriums Krisenszenarien. Das berichtete die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Montagausgabe) unter Berufung auf den Landesvorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Hanno Schulz. Es sei ›nicht auszuschließen, daß es ab Januar bei der Auszahlung von Arbeitslosengeld II zu gewalttätigen Übergriffen gegen Angestellte und Einrichtungen der Agenturen für Arbeit kommt‹, zitiert das Blatt den Kriminalbeamten.«
Nachfragen von jW bei Innenministerien anderer Länder blieben ohne Ergebnis, obwohl immer wieder Meldungen über umfangreiche Schutzmaßnahmen für Arbeitsämter, die jetzt Agenturen heißen, auftauchen. Man traut sich noch nicht offen zu erklären, daß man gegen jene, die per Gesetz zu Armut und Zwangsarbeit verurteilt wurden und sich dagegen wehren wollen, massiv aufrüstet. Ein eher leiser Protest reicht aber für Alarmstimmung auf den Chefetagen.
Sozialabbau und Repression sind zwei Seiten einer Medaille. Wenn das Recht auf Leben per Gesundheitsreform und »Hartz IV« erheblich eingeschränkt wird, dann müssen andere Rechte verschwinden. Die Geheimdienste blühen auf, ihre offizielle Zusammenlegung mit Polizeiapparaten ist eine Frage der Zeit, die Zulässigkeit von Folter wird in Teilen der Medien und der Politik offen propagiert. So ungefähr sieht die »Friedensdividende« aus, die Bürgerrechtler aus den sozialistischen Ländern und ihre westlichen Partner um 1990 herum ankündigten. Aus der Sicht der Herrschenden und ihrer Behörden ist jeder Mensch mehr noch als zu den Zeiten der Kommunistenhatz ein Sicherheitsrisiko, für den die Unschuldsvermutung nicht gilt.
Der 11. September 2001 war ein willkommener Anlaß, der laufenden Evolution des Repressionsapparates einen Schub zu geben, das Schnüffeln und Kontrollieren flächendeckend auszubauen. Das soll vor allem diejenigen treffen, denen die Grundlagen für ein menschenwürdiges Leben genommen werden sollen. Für Ausländer ist das seit langem der Fall.
Wer sich wehren will, benötigt Gegeninformationen. Die Berichterstattung über jenen Bereich, in dem Reden von Demokratie und Rechtsstaat wenig wert sind, in dem sich Kapitalmacht, Polizeigewalt und willfährige Justiz gemeinsam tummeln, bildete stets einen Schwerpunkt in junge Welt. Vorhersagen läßt sich: In dem Maß, in dem die sozialen Spannungen in diesem Land zunehmen, wird auch dieses Thema wichtiger.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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