Kritik an unzureichenden Verbesserungen
Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), hat den am Donnerstag abend im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat erarbeiteten Vorschlag zur Änderung des Ausländerrechts begrüßt. Zwar bedauere sie, daß auch Kinder von Ausländern, die schon lange in Deutschland leben, künftig von Abschiebung betroffen sein können, wenn sie an nicht- genehmigten Demonstrationen teilgenommen haben, insgesamt »bedeute der Kompromiß für die Betroffenen eine Verbesserung ihrer Rechtsstellung«.
Verbesserungen sieht Frau Schmalz-Jacobsen vor allem für ausländische Ehefrauen, die von ihren deutschen Ehemännern mißhandelt werden. Diese können nun in »außergewöhnlichen Härtefällen« bei einer Trennung sofort ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten und nicht wie bisher erst nach drei Jahren Ehe.
Die PDS-Bundestagsgruppe kritisierte diese Regelung am Freitag als »unzureichend«. Der vorgeschlagene Verzicht auf eine Mindestbestandszeit der Ehe werde konterkariert von der Bedingung, es müsse eine »außergewöhnliche« Härte vorliegen und von der Möglichkeit der Ausländerbehörden, die betroffenen Frauen auszuweisen, wenn sie Sozialhilfe beziehen müssen. Viele Frauen seien nach der Trennung von ihren Männern zunächst auf den Bezug von Sozialhilfe angewiesen. »Wir bestehen deshalb weiter auf einem eigenständigen Aufenthaltsrecht für Frauen, unabhängig vom Vorliegen außergewöhnlicher Härten und unabhängig vom Bezug von Transferleistungen«, heißt es in der Pressemitteilung der Innenpolitischen Sprecherin Ulla Jelpke und der Frauenpolitischen Sprecherin Christina Schenk. Einig waren sich Ausländerbeauftragte und PDS darin, daß die vorgesehenen Änderungen deutliche Verbesserungen für die ehemaligen VertragsarbeiterInnen der DDR bringen. Ihnen sollen die Zeiten, die sie rechtmäßig in der DDR gelebt haben, vollständig bei der Gewährung eines unbefristeten Aufenthaltsrechts angerechnet werden. Die Koalition hatte den Zeitraum nur zur Hälfte anrechnen wollen.
Die Regelung ermögliche eine Gleichbehandlung westdeutscher Gastarbeiter und ostdeutscher Vertragsarbeiter, kommentierte der Ausländerbeauftragte Sachsen-Anhalts, Günter Piening, dessen Bundesland im vergangenen Jahr eine Bundesratsinitiative zum Bleiberecht gestartet hatte. 95 Prozent der in Sachsen-Anhalt lebenden vietnamesischen, angolanischen und moçambiquanischen VertragsarbeiterInnen können nun hoffentlich bald eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Dem Beschluß des Vermittlungsausschusses müssen nun noch Bundestag und Bundesrat zustimmen.
jW
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