Fünf Bewerber auf zwei Lehrstellen
Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, hat anläßlich des Tages des Ausbildungsplatzes auf die »dramatische« Situation in diesem Bereich hingewiesen. Im vergangenen Jahr habe es nur 600 000 Lehrstellen in ganz Deutschland gegenüber 704 000 in den alten Bundesländern Ende der achtziger Jahre gegeben.
Unterschiedliche Auffassungen über die Lage bei den Lehrstellen äußerten der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, Hans Peter Stihl, und Bundesjugendministerin Claudia Nolte. Stihl sagte in einem Pressebeitrag, bis Ende Mai seien im Bereich der Industrie- und Handelskammern 3,6 Prozent mehr Lehrverträge abgeschlossen worden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Wer es ernsthaft wünsche, bekomme bis Oktober oder November einen Ausbildungsplatz, behauptete Stihl. Er warf Bildungsminister Jürgen Rüttgers und dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, »unverantwortliche Panikmache« vor.
Ministerin Nolte erklärte dagegen die Situation sei »mehr als ernst«. Knapp drei Monate vor Beginn des Ausbildungsjahres suchten noch 320 000 Jugendliche eine Lehrstelle; auf je zwei Plätze entfielen fünf Bewerber. Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers forderte am Mittwoch die Abschaffung des zweiten Berufsschultages. Die Abschaffung des zweiten Berufsschultages pro Woche im zweiten und dritten Ausbildungsjahr der Lehre, die im April vom Bundeskabinett beschlossen worden war, wird auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 3. Juli abschließend beraten. Durch Umorganisation und Blockbildung soll mehr ins erste Jahr verlegt werden, so der Plan des Ministers.
Darüber hinaus mahnte er dringend eine große Bildungsreform an. »Sie können heute nicht mehr davon ausgehen, daß ein Absolvent einer deutschen Schule rechnen, schreiben und lesen kann, ein völlig unhaltbarer Zustand«, kommentierte der für Bildung zuständige Minister seine eigene Arbeit gegenüber dem Fernsehsender RTL.
ddpADN/AP/jW
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