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Kulissenbau im Ausschuß

Steueränderungen im Bonner Finanzausschuß: Neue Löcher im Etat

Die Kulissen für Finanzminister Theodor Waigels Potemkinsches Projekt mit dem Titel »Steuerreform« werden zusammengeschustert: Am Freitag passierten die von der Koalition für 1998 und 1999 geplanten Steuerreformgesetze den Finanzausschuß des Bundestages - gegen die Stimmen der Opposition. Nächsten Donnerstag wird der Bundestag darüber beraten.

Die Gesetze sollen eine Nettoentlastung von rund 1,2 Milliarden Mark für 1998 und von etwa 33 Milliarden Mark durch das Steuergesetz 1999 bringen, erläuterte gestern nach den Beratungen die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Gerda Hasselfeldt (CSU). Ab 1999 sollen der Eingangssteuersatz bei der Einkommenssteuer auf 15 Prozent und der Höchstsatz auf 39 Prozent reduziert werden. Außerdem bleibt es bei der Absenkung des Solidaritätszuschlags von 7,5 auf 5,5 Prozentpunkte zum 1. Januar 1998. Zu diesem Zeitpunkt soll auch der Höchststeuersatz für gewerbliche Einkünfte von 47 auf 40 Prozent verringert werden. Der Körperschaftssteuersatz reduziert sich von 45 auf 40 Prozent für einbehaltene Gewinne und von 30 auf 28 Prozent für ausgeschüttete Gewinne.

Das Aufkommen der Mehrwertsteuer soll zwischen Bund und Ländern neu verteilt werden. Die Länder werden dabei ein Volumen von 0,8 Prozentpunkten an den Bund zurückgeben müssen. Das wären rund elf bis zwölf Milliarden Mark. Derzeit erhalten der Bund 50,5 Prozent und die Länder 49,5 Prozent des Umsatzsteueraufkommens.

Die Opposition meldete Kritik an den Beratungsergebnissen vom Freitag an. Die bündnisgrüne Finanzexpertin Christine Scheel warf der Bonner Koalition vor, spätestens für 1999 die Mehrwertsteuer erhöhen zu wollen. Unter dem Strich enstehe ein Finanzloch von 45 Milliarden Mark im Jahr 1999, wenn die Reform 1998/99 umgesetzt werde. Die Koalition wolle dieses Defizit durch eine Umschichtung von den direkten zu den indirekten Steuern verringern. Dies bedeute de facto eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um mindestens ein Prozent.

Für die PDS steht in den Sternen, wie das Koalitionskonzept finanziert werden soll. Ihre Bundestagsmitglieder Barbara Höll und Uwe-Jens Rössel erklärten, es werde verschleiert, daß mit den geplanten Gesetzen den öffentlichen Haushalten »insgesamt 44,941 Milliarden Mark fehlen werden«. Es sei klar, daß die Mehrwertsteuer erhöht werde und auch die Mineralölsteuer zur Disposition stehe. Noch keine Bundesregierung habe »sich eine so unsolide Finanz- und Haushaltspolitik geleistet«, betonten die PDS-Vertreter.

Die SPD glaubt, die besseren Baupläne für die Kulissen von Waigels Potemkinschen Projekt vorlegen zu können. Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß betonte vor Journalisten, auf seiten der Koalition sei kein grundsätzliches Entgegenkommen bei der Suche danach zu erkennen, wie die Reform finanziert werden könne. Falls es zu der Steuerreform komme, werde die SPD dafür sorgen, daß sie solide finanziert sei.

Ein am Freitag vom Bundesfinanzministerium vorgelegtes 44-Seiten-Papier bestätigte: Die von der Koalition geplante »Große Steuerreform« werde unter Berücksichtigung der jüngsten Änderungsbeschlüsse dem Bundeshaushalt 1999 Mindereinnahmen von 20,601 Milliarden DM und im Jahr 2000 von 19,252 Milliarden DM bescheren. Die gesamten öffentlichen Haushalte müssen mit einer Deckungslücke von 44,941 Mrd DM 1999 und 41,369 Mrd DM im Jahr 2000 rechnen.

jW/ddpADN/AP

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