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Aus: Ausgabe vom 28.03.2006, Seite 5 / Inland

Freie Bahn für rechte Schläger

Neuruppiner Amtsrichter läßt Neonazis nach Überfall laufen
Von Jörn Boewe
Neuruppin, Freitag abend, gegen 21 Uhr. Vier rechte Schläger brechen in die Wohnung eines 27jährigen ein und verprügeln ihn mit einem Baseballschläger und einem Knüppel. Der Angriffenene setzt sich mit einer Metalleiter zur Wehr. Es gelingt ihm, einem der Täter die Schlagwaffe abzunehmen und die Angreifer in die Flucht zu schlagen. Der junge Mann kommt mit Prellungen an Armen und Körper davon. Nachbarn rufen die Polizei, die kurz darauf die vier Schläger noch in der Nähe des Tatortes festnimmt. Es handelt sich um einen 20jährigen aus Neuruppin, einen 17jährigen Rheinsberger und zwei Jugendliche (15 und 16 Jahre) aus Wittstock. In der polizeilichen Vernehmigung räumen drei der Verdächtigen eine Tatbeteiligung ein. Als Motiv geben sie an, der Angegriffene hätte sich negativ über die rechte Szene geäußert.

Am Sonnabend beantragt die Staatsanwaltschaft Neuruppin Haftbefehl gegen die vier Beschuldigten. Sie werden einem Haftrichter am Amtsgericht Neuruppin vorgeführt. Dieser erläßt gegen den 20jährigen einen Haftbefehl, den er jedoch sogleich gegen Auflagen außer Vollzug läßt. Gegen die drei noch jugendlichen Täter ergeht erst gar kein Haftbefehl. Noch am selben Tag sind alle vier wieder auf freiem Fuß.

Der Überfall reiht sich eine in eine Serie rechter Gewalt in Neuruppin und im nahegelegenen Rheinsberg. Mindestens einer der Täter hatte nach Polizeiangaben am 18. Februar gemeinsam mit drei anderen Neonazis in Rheinsberg vier ausländische Geschäfte angegriffen, erheblichen Sachschaden angerichtet und ausländerfeindliche Parolen gebrüllt. Gegen den Rädelführer, den 19jährigen Marcus M., einen stadtbekannten Rheinsberger Neonazi, wurde Haftbefehl beantragt, die anderen drei kamen davon.

Einen Monat später, am 18. März machten sie weiter, nun zu dritt. Sie attackierten das Haus einer Chinesin, deren Restaurant sie bereits vier Wochen zuvor angegriffen hatten. Diesmal stellte die Neuruppiner Staatsanwaltschaft erst gar keinen Haftantrag, weil das Amtsgericht signalisiert hatte, ein Haftbefehl komme mangels Fluchtgefahr ohnehin nicht in Frage. Die Polizei verhängte immerhin Aufenthaltsverbote für die drei Schläger im Bereich der angegriffenen Wohnung und Geschäfte. Das hinderte zumindest einen von ihnen nicht, am Freitag in Neuruppin einen jungen Mann in dessen Wohnung mit einem Baseballschläger zu verprügeln.

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