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Aus: Ausgabe vom 23.06.1997 / Ausland

Türkei: Yilmaz bietet Ciller gemeinsame Regierung an

Designierter Premier schließt Koalition mit Einheitspartei aus

Der designierte türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz hat die Partei des Rechten Weges (DYP) von Außenministerin Tansu Ciller aufgefordert, sich an einer Koalitionsregierung unter seiner Führung zu beteiligen. Er wolle eine Versöhnungsregierung auf breiter Basis bilden, sagte der konservative Politiker am Samstag nach einem Treffen mit Vertretern seiner Mutterlandspartei (ANAP). »Wir sind an einem schwierigen Punkt, an dem wir frühere Spannungen und Zerwürfnisse vergessen und gemeinsam zur Rettung der Regierung arbeiten sollten«, sagte Yilmaz mit Blick auf seine Erzrivalin Ciller, die eine Zusammenarbeit bereits zuvor ausgeschlossen hatte. Yilmaz war am Freitag mit der Regierungsbildung beauftragt worden und will sein Kabinett bis zum 30. Juni vorstellen. Am Mittwoch war der fundamentalistische Regierungschef Necmettin Erbakan auf Druck der Militärs hin zurückgetreten.

»Wenn die Partei des Rechten Weges ihre Koalition mit der Wohlfahrtspartei fortsetzt, wird die Geschichte diesen Fehler nicht vergessen«, sagte Yilmaz. Ciller hatte am Freitag von einem bevorstehenden Staatsstreich gesprochen, da Yilmaz über keine Mehrheit im Parlament verfüge und eigentlich sie die neue Regierung in einer Koalition mit der Wohlfahrtspartei (RP) Erbakans bilden wollte. Die bisherige Koalitionsregierung kann nur mit Hilfe der rechtsextremen Großen Einheitspartei (BPP) eine Mehrheit erzielen. Die BPP hatte Erbakan jedoch bereits einmal die Unterstützung entzogen.

Yilmaz seinerseits schloß eine Koalition mit der rechtsextremen BPP aus und äußerte sich zuversichtlich, daß es ihm gelingen werde, eine parlamentarische Mehrheit zusammenzubekommen. Bereits am Freitag hatte Yilmaz eine Regierungskoalition mit der Wohlfahrtspartei ausgeschlossen.

Yilmaz' Mutterlandspartei hat 129 Sitze im 550 Abgeordneten zählenden Parlament. Mit den 67 Sitzen der linksgerichteten Demokratischen Linken (DSP) von Bülent Ecevit und der Unterstützung dreier weiterer Parteien käme er auf 266 Sitze, was immer noch nicht für eine Mehrheit reicht. Zahlreiche Beobachter rechneten aber damit, daß es ihm in Gesprächen gelingen könnte, unzufriedene Abgeordnete von Cillers DYP auf seine Seite zu ziehen. Aus Protest gegen Cillers Koalition mit den Fundamentalisten hatten ihr bereits mehr als 15 Abgeordnete den Rücken gekehrt. Ciller warf Yilmaz vor, er ziele mit seiner Regierungsbildung auf eine Spaltung ihrer Partei.

AFP/jW

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