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Aus: Ausgabe vom 28.07.2006, Seite 15 / Feuilleton

Abschied vom Nicht-Leben

Vor 200 Jahren, am 26. Juli 1806, nahm sich die Schriftstellerin, Dichterin und Philosophin Karoline von Günderrode das Leben. Lange war sie nur durch ihren spektakulären Freitod – sie stieß sich einen Dolch ins Herz – bekannt. Die Tragik ihres kurzen Lebens läßt sich kaum ermessen. Seit ihrem 17. Lebensjahr in einem evangelischen Damenstift in Frankfurt am Main faktisch eingesperrt, hat die hochbegabte junge Frau keine Chance, sich zu entfalten. Sie entstammt einer verarmten Adelsfamilie, und ihre Mutter hat nicht das Geld, ihre Tochter zu verheiraten und ihr so zumindest eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Karoline von Günderrode pflegt – insbesondere durch Briefwechsel – einen intensiven Kontakt zu Bettina, Clemens und Gunda Brentano. Bettina von Arnim setzt ihr später mit ihrem Buch »Die Günderrode« ein Denkmal. Karoline beschäftigt sich im Selbststudium mit Fichte, Kant, Schelling und Hölderlin, entwirft Dramen, schreibt Gedichte.

Sie verliebt sich in den Altphilologen Georg Friedrich Creutzer. Der ist verheiratet und hat, obwohl er ihre Gefühle erwidert, nicht den Mut, seine unglückliche Ehe zu beenden. Der Professor fürchtet um seinen Ruf und läßt eine gemeinsame Freundin einen Abschiedsbrief verfassen. Wenige Stunden, nachdem Karoline ihn erhalten hat, tötet sie sich. Christa Wolf schrieb, sie sei »aus dem Nicht-Leben, nicht aus dem Leben« gegangen.


(jW)



  • Ein ausführlicher Beitrag über Karoline von Günderrode erschien in der jungen Welt am 11.2.2005 auf dieser Seite

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