Aus: Ausgabe vom 18.08.2006, Seite 3 / Schwerpunkt
Analyse: Die positive Seite des Scheiterns
Wenn Israel den Libanon-Krieg »mit einem leichten, überwältigenden Sieg gewonnen« hätte, so hätte dies der Sicherheitspolitik des Landes enormen Schaden zugefügt«. Zu diesem Schluß kommt der bekannte israelische Journalist Gideon Levy in der Tageszeitung Haaretz. »Noch ein Knall-auf-Fall-Sieg hätte für uns eine Katastrophe bedeutet. Macht- und siegestrunken würden wir versucht sein, unsere Erfolge in anderen Arenen fortzusetzen. Ein gefährliches Feuer würde die ganze Region gefährden, und keiner weiß, wie das enden mag.«
Der »Mißerfolg in diesem kleinen Krieg« könnte eine wichtige Lektion für die Zukunft Israels sein. Der Grundsatz, daß »Israel sich keine Niederlage auf dem Schlachtfeld leisten kann«, habe sich als »unsinniges Klischee« erwiesen: »Die Mißerfolge« im Libanon, so Levy, könnten nicht nur Israel enorm helfen. Zusätzlich könnten sie auch die Amerikaner die wichtige Lektion lehren, daß es kein Argument gibt, Israel in militärische Abenteuer zu stoßen.
»Man kann sich gut vorstellen, was geschehen wäre, wenn die Hisbollah innerhalb weniger Tage aus der Luft besiegt worden wäre, wie anfangs von den prahlenden Militärköpfen versprochen worden war. Der Erfolg hätte uns wahnsinnig gemacht«, so Levy. Zudem hätten die USA Israel in eine militärische Kollision mit Syrien getrieben – »und siegestrunken wären wir in großer Versuchung gewesen«. Der Iran wäre das nächste Ziel gewesen. »Gleichzeitig hätten wir uns mit den Palästinensern befaßt. Was so leicht im Libanon läuft – so wären wir überzeugt gewesen –, wird auch zwischen Dschenin und Rafah laufen.«
So aber habe Israel »aus erster Hand« erfahren, daß die Macht seiner Armee begrenzter ist als viele dachten. Israel werde jetzt hoffentlich zweimal darüber nachdenken, bevor es in ein noch gefährlicheres militärisches Abenteuer schliddert. Sollte der Krieg wirklich zu einem Ende kommen, werden sich, so hofft Levy, »immer mehr Israelis fragen, wofür haben wir getötet und wofür sind Leute von uns getötet worden, wofür haben wir geschossen und wofür sind wir beschossen worden – und vielleicht verstehen sie dann, daß alles wieder für nichts und wieder nichts war.« Vielleicht werde es die Errungenschaft dieses Krieges sein, daß der Fehlschlag sich tief in unser Bewußtsein einprägt, und Israel einen neuen Weg einschlägt, weniger gewalttätig und weniger brutal wegen des Fehlschlags. 1967 schrieb Ephraim Kishon: »Entschuldigung, wir haben gesiegt.« Dieses Mal sollte man eher sagen: »Es ist gut, daß wir nicht gewonnen haben.«
(jW)
Der »Mißerfolg in diesem kleinen Krieg« könnte eine wichtige Lektion für die Zukunft Israels sein. Der Grundsatz, daß »Israel sich keine Niederlage auf dem Schlachtfeld leisten kann«, habe sich als »unsinniges Klischee« erwiesen: »Die Mißerfolge« im Libanon, so Levy, könnten nicht nur Israel enorm helfen. Zusätzlich könnten sie auch die Amerikaner die wichtige Lektion lehren, daß es kein Argument gibt, Israel in militärische Abenteuer zu stoßen.
»Man kann sich gut vorstellen, was geschehen wäre, wenn die Hisbollah innerhalb weniger Tage aus der Luft besiegt worden wäre, wie anfangs von den prahlenden Militärköpfen versprochen worden war. Der Erfolg hätte uns wahnsinnig gemacht«, so Levy. Zudem hätten die USA Israel in eine militärische Kollision mit Syrien getrieben – »und siegestrunken wären wir in großer Versuchung gewesen«. Der Iran wäre das nächste Ziel gewesen. »Gleichzeitig hätten wir uns mit den Palästinensern befaßt. Was so leicht im Libanon läuft – so wären wir überzeugt gewesen –, wird auch zwischen Dschenin und Rafah laufen.«
So aber habe Israel »aus erster Hand« erfahren, daß die Macht seiner Armee begrenzter ist als viele dachten. Israel werde jetzt hoffentlich zweimal darüber nachdenken, bevor es in ein noch gefährlicheres militärisches Abenteuer schliddert. Sollte der Krieg wirklich zu einem Ende kommen, werden sich, so hofft Levy, »immer mehr Israelis fragen, wofür haben wir getötet und wofür sind Leute von uns getötet worden, wofür haben wir geschossen und wofür sind wir beschossen worden – und vielleicht verstehen sie dann, daß alles wieder für nichts und wieder nichts war.« Vielleicht werde es die Errungenschaft dieses Krieges sein, daß der Fehlschlag sich tief in unser Bewußtsein einprägt, und Israel einen neuen Weg einschlägt, weniger gewalttätig und weniger brutal wegen des Fehlschlags. 1967 schrieb Ephraim Kishon: »Entschuldigung, wir haben gesiegt.« Dieses Mal sollte man eher sagen: »Es ist gut, daß wir nicht gewonnen haben.«
(jW)
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